Manchmal muss man die Pläne, die man eigentlich für den Vormittag geschmiedet hatte, über Bord werfen. Manchmal muss man einfach alles andere stehen und liegen lassen, weil sich die Gefühle im Kopf gerade so schnell drehen. Manchmal müssen die Worte, die da so laut poltern und im Herzen gefangen sind, raus: Ich glaube, wir haben abgestillt.
Und noch während ich das hier zu Papier oder besser gesagt auf den Bildschirm bringe, laufen mir schon wieder die Tränen und mein Herz ist so unglaublich schwer. Nicht, weil ich das nicht für eine gute Idee halte oder mich nicht trennen kann (okay, vielleicht ein bisschen). Sondern weil mir einmal mehr bewusst wird, dass wir den nächsten Meilenstein auf unserem Weg erreicht haben, ein Lebensabschnitt ist plötzlich vorbei. Weil mir klar wird, dass mein Bébie längst kein Bébie mehr ist und die Zeit an uns vorbei fliegt wie nix Gutes. Na klar freue ich mich wie verrückt darüber und auf das, was jetzt vor uns liegt. Aber ja, ich bin auch verdammt sentimental. Nachdem ich mich an das erste Jahr schon nur noch verschwommen erinnere und mich darum irgendwie betrogen fühl, fällt mir das jetzt eben einfach nicht leicht.
Aller (Still-)Anfang ist schwer
Fast 31 Monate, das sind beinah tausend Tage, haben wir gestillt. Was schon beim ersten Kind nicht leicht war, war bei meinem kleinen Extremchen natürlich noch härter. Ich habe gekämpft wie eine Löwin, habe die ersten 14 Tage fast ununterbrochen an der Milchpumpe gehangen. Nachts stellte ich mir den Wecker, um mich leise ins Wohnzimmer zu schleichen und dabei niemanden zu wecken. Um dann allein und im flimmernden Licht des Fernsehers Tröpfchen um Tröpfchen aufzufangen. Trotz Gefäßkrämpfen, versehentlichen Bissen und nächtlichem Dauerstillen wollte ich es so sehr, nicht zuletzt, weil Stillen das Einzige war, das mein Schreibaby einigermaßen beruhigen konnte. Das Einzige, das ihn bis zum Abstillen richtig „geerdet“ hat. Anfangs stillten wir nur seinen Hunger nach Nahrung, später auch den nach Geborgenheit, Nähe, Liebe, Beruhigung, Trost und „Regulation von Gefühlen“.

Zuerst nachts abstillen
Es gab eine Zeit, in der ich monatelang die Nächte beinah durchgestillt habe. Der Schnuller wurde von einem Tag auf den anderen abgelehnt, denn mein Kind hatte sich dafür einen Ersatz gefunden: mich. Und so kam es, dass er nachts manchmal 15-17x gefordert hat, was er so dringend brauchte. Ihr ahnt es: mich. Klar war absehbar, dass ich das nicht ewig aushalten konnte (und wollte), es musste also eine Lösung her. So kam es, dass wir das Stillen vom Schlafen entkoppelten und zunächst mal nachts abstillten, als er ungefähr 15 Monate alt war.

Den eigenen Weg finden
Was dann folgte, war ein kurviger und holpriger Weg mit vielen Serpentinen. Er wurde krank, wir stillen wieder voll. Er hatte einen Schub, wir stillten wieder nachts. Wir stillten wieder ab, wir stillten wieder nachts, wir stillten wieder voll, wir stillten wieder ab und ich richtete mich komplett nach seinen Bedürfnissen. Bis wir unseren ganz eigenen, guten Weg gefunden hatten, verging viel Zeit. Aber irgendwann pendelte es sich einfach ein. Seitdem er etwa 21 Monate alt ist, stillten wir zum Einschlafen und dann nochmal morgens gegen fünf. Die Stillpausen am Nachmittag nach der Kita oder am Wochenende fadeten wir langsam aus. Hatte er allerdings „außer der Reihe“ mal das Bedürfnis danach, war das für mich meistens auch okay. Solange das Stillen für alle direkt Involvierten (habe mehrfach nachgezählt, das waren immer nur mein Sohn und ich) okay war, wollte wir es eben beibehalten. Trotzdem scheint Stillen ein Thema zu sein, bei dem nicht nur die unmittelbar Involvierten, sondern sich auch viele andere (zum Teil fremde!) Personen gern ein Mitspracherecht eingeräumt hätten. Denn immer wieder erreichte mich die ungläubig bis entsetzte Frage
„Was, du stillst noch?“
Natürlich still ich! Gerade letztens unterhielt ich mich mit einer Freundin darüber, warum das wohl so sei, dass man direkt in Rechtfertigungen fällt, sobald das Thema zur Sprache kommt. „Äh ja, wir stillen noch, das hätte ich vorher tatsächlich auch nie gedacht.“ ist eine der häufigsten Antworten, die ich darauf gegeben hab. Zack, direkt noch eine Relativierung, ein „Ich weiß ja, klingt verrückt.“ hinterher geschoben. Ich begann schon vor einer ganzen Weile, nicht mehr provokativ (hahahahaha!) in der Öffentlichkeit zu stillen, weil ich die Blicke nicht ertragen konnte und redete mir ein, „Das geht ja auch keinen was an“. Das stimmt natürlich, aber deswegen verstecken? Ich wünschte, ich hätte mehr Rückgrat gehabt.

Alles hat ein Ende, auch das Stillen
Das natürliche (biologische) Abstillalter von Kindern liegt etwa zwischen 2,5 und 7 Jahren. Auf die Frage „Und wie lange willst du denn stillen?“ konnte und wollte ich mich nicht festlegen. Also beantwortete ich sie mit „Solange wir beide es wollen“. Wir würden schon merken, wenn es soweit wär. Und das war es dann ziemlich plötzlich.
Abstillen – Wie haben wir es gemacht
Ich habe ich meinen gut 2,5jährigen Sohn langsam darauf vorbereitet und das natürliche Abstillen gefördert. Ich habe ihm das Stillen längst nicht mehr aktiv angeboten, sondern nur noch auf seine Bitte reagiert. Ich habe in Momenten, in denen es mir nicht passte, klar „Nein“ gesagt und ihm erklärt, warum es gerade nicht geht. Wir haben über das Stillen und das Ende der Stillzeit gesprochen, Beispiele gefunden, in denen noch gestillt oder nicht mehr gestillt wurde und sind offen damit umgegangen, dass irgendwann Schluss sein wird. Das war es auch, für alle ziemlich unerwartet. Dann nahm das Stillen
Ein überraschendes Ende

Ende gut, alles gut?

Ich glaube, wir haben jetzt abgestillt. Nach dem Aufschreiben geht es mir schon deutlich besser, ich weiß, für uns war es einfach der richtige Moment. Ohne lange vorher drüber Nachzudenken, ohne große Pläne, großen Kummer, viele Tränen oder sonstiges großes Tamtam. Es hat sich still und heimlich hier ausgeschlichen, das Stillen, schneller und besser, als ursprünglich gedacht. Und auch wenn mein Herz noch ein bisschen schwer ist, ich freue mich, wie gut das Abstillen doch lief. Und bin froh, dass ich mich auf meinem Weg bis hierher nicht beirren ließ.
Liebst,

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