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Mutter-Kind-Kur im Schwarzwald: Die ersten Tage und warum ich nur mit einem Kind fahre

So fühlt sich das also an. Ich bin eine Kurende. (Kuuurende, nicht Kur-Ende!) Eine Patientin mit Begleitkind in einer Eltern-Kind-Klinik. Ein bisschen komisch, ein bisschen gut. Und doch auch ganz schön verrückt, irgendwie.

Auf in das große Unbekannte: Die Mutter-Kind-Kur

Die Fahrt ans ganz andere Ende des Landes verlief erstaunlich unspektakulär. Wir haben ungefähr hundert Pixie Bücher gelesen (okay, wahrscheinlich waren es nur sieben, die dafür aber vierzehnkommazweidrei Mal – mindestens), hatten schon kurz hinter Hamburg die Hälfte unseres Proviantes aufgefuttert, der eigentlich mittags nicht mehr schlafende Zweijährige hielt vor lauter Aufregung ein Nickerchen. Es gab Currywurst mit Pommes aus dem Boardbistro und nach sechstündiger Fahrt kamen wir doch ziemlich plötzlich in Freiburg an. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich genug damit zu tun, meine Aufregung im Zaum und unser Hab und Gut beieinander zu halten. Wir stiegen also aus, schleppten uns, unsere Kinder und die Taschen in die Bahnhofsvorhalle und statt in die Arme des Klinik-Fahrdienstes lief ich gefühlt gegen eine steinharte Wand. Da war er also, der Augenblick der Trennung, über den ich mich bisher geweigert hatte, nachzudenken.


Gemeinsame Anreise mit der Bahn

Ihr habt es ja gleich gesagt

Oh ja, das habt ihr. Nachdem ich erzählt hatte, dass mein Mann und ich jeweils mit einem Kind – aber getrennt – zur Kur fahren würden,  bekam ich viele Nachrichten. Einige sagten, wie gut sie es finden würden, dass wir fahren, andere bewunderten, dass auch mein Mann „sich das antut“ und wieder andere waren total erstaunt, „wie ich das überhaupt fertig bringen würde“, denn ihr Mutterherz würde es auf keinen Fall aushalten, so lange von einem ihrer Kinder getrennt zu sein.

Macht mich das jetzt zu einer Rabenmutter?

Wir haben es uns nicht gerade leicht gemacht. Klar war spätestens nach unserem Infotermin im Herbst, dass sowohl er als auch ich zur Kur fahren würden. Dass wir zum gleichen Zeitpunkt fahren müssten, war ebenso gesetzt, denn organisatorisch wäre alles andere der Supergau, vor allem, wenn ich unterwegs sein würde und er die Betreuung unseres großen Sohnes über drei Wochen allein stemmen müsste.

Spaziergang im Wald: Der Titisee Blick

Zur Mutter-Kind-Kur mit beiden Jungs

 
Klar hätte ich auch mit beiden Jungs fahren können. Nur ehrlich gesagt hätte das vermutlich für keinen von uns (außer vielleicht für den dann zuhause gebliebenen Papa) auch nur ansatzweise etwas Erholung bedeutet. Die Jungs hätten sich beide wieder oft nach dem anderen richten müssen, für kindliche Erholung wäre kein richtiger Platz. Nichts mit Exklusivzeit. Und für mich? Mit beiden hier zu sein hätte mich innerlich zerrissen. Das, was Zuhause schon manchmal ein echter Balanceakt ist, wäre hier nur noch wackliger geworden – in ungewohnter Umgebung auf engerem Raum und ohne die Möglichkeit, mir die Verantwortung mit dem Papa zu teilen. Ich hätte danach wohl erstmal eine Kur gbraucht, eine Mutter-Kind-Kur ohne Kind oder so.

Als Familie zur Eltern-Kind-Kur

 

Eine weitere Möglichkeit wäre es gewesen, zu viert in die gleiche Klinik zu fahren. Auch ein Weg, über den wir nachgedacht hatten. Allerdings haben wir diesen Gedanken nach reiflicher Überlegung auch wieder verworfen, denn vermutlich hätte er nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Wir vier hätten hier – auch wieder auf engerem Raum – „auf einander gehockt“. Wir hatten die Befürchtung, dass das unsere Probleme (bspw. das Gefühl des Nicht-Gerecht-Werdens beider Kinder oder die Erschöpfung aufgrund von Schlafmangel) dadurch nur räumlich verlagern würde und niemand von uns die Erholung bekommen würde, die er dringend braucht. Zumal wir auch annahmen, dass wir uns nicht wirklich auf den Kur-Alltag einlassen würden, wenn wir als Familie hier wären, uns ein Zimmer teilten, alleine an einem Tisch sitzen würden,  sowas. Also haben wir uns entschieden, getrennt zu fahren.

Zuhause auf Zeit: Meine Kurklinik im Schwarzwald

Auch dem Papa eine Vater-Kind-Kur gönnen

 
Wirklich ungewöhnlich scheint es hingegen zu sein, dass auch Väter mit ihren Kindern zur Kur fahren. Allerdings frage ich mich, warum. Die letzten zwei Jahre waren schließlich für alle Familienmitglieder herausfordernd, auch er hat geschuckelt und getröstet, Streits geschlichtet, nicht genügend Schlaf bekommen, Sorgen gehabt und Nerven verloren. Auch ihm haben die vergangenen Jahre das letzte Fünkchen Energie geraubt. Die drei Wochen Exklusivzeit mit seinem Großen, Zeit zum Reden und Albern, zum Toben und Schwimmen, für Ausflüge und zum Kuscheln kommen da einfach gerade recht. Zeit für Erholung, um neue Kraft zu schöpfen und mal nur zu sein. Auf das Bauchgefühl zu hören. So ganz ohne Einschränkungen. Endlich mal wieder nichts müssen, nur wollen. Vielleicht.

Endlich mal wieder ein Einzelkind

 
Der Große musste in den letzten zwei Jahren unglaublich oft zurückstecken. Plötzlich war es immer nur noch laut, es war ihm zu laut. Seine Bedürfnisse und Wünsche mussten oft warten, die „Jetzt warte doch mal“s und „Ich muss schnell noch“s bestimmten häufig unsere Zeit zusammen.  Während der Kur mit dem Papa hat er die Möglichkeit, endlich mal wieder im Mittelpunkt zu stehen und alleine die uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu genießen. Einen Papa, der sich voll und ganz auf ihn einlassen und ohne Wenn und Aber für ihn da sein kann.

Endlich überhaupt mal ein Einzelkind

 

Klar, dieser unglaublich bestimmte, willensstarke kleine Kerl hat es in den letzten zwei Jahren immer wieder geschafft, sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und sich Gehör zu verschaffen, wenn ihm danach war. Und das war es oft. Aber wenn es um nachmittägliche Ausflüge und Aktivitäten ging, stand er im Grunde immer hinten an. Das Kinderturnen? Ja, ist ein Familienturnen, davon profitiert natürlich auch er. Aber gelandet sind wir dort wegen des Großen. Spielverabredungen am Nachmittag? Hat nur der Große, der Kleine läuft weitestgehend – und gezwungenermaßen – nur mit. Hier ist alles anders. Plötzlich machen wir, was er möchte, spielen auf Spielplätzen, die nur für Kleine sind, klettern gefühlte Ewigkeiten Treppenstufen auf und ab, müssen nicht stets und ständig schnell weiter und richten uns mal ausschließlich nach seinen Bedürfnissen.

Exklusive Zeit mit Mama verbringen: Mein Jüngster auf Entdeckungsreise

Der kleinste gemeinsame Nenner

 
Für uns war diese Aufteilung also ein guter Plan. Da wir uns aber offenhalten wollten, uns in diesen drei Wochen doch treffen zu können, suchten wir uns Kliniken aus, die nicht allzu weit von einander entfernt sind. Allein um selbstbestimmt entscheiden zu können, ob und wann wir uns sehen wollen. Das und der Wunsch danach, mal „so richtig raus“ zu sein, eine Luftveränderung zu spüren und aus dem Fenster einen ganz ungewohnten Ausblick zu haben führte uns in den Schwarzwald. Und ich muss sagen, es ist wunderschön.

Ankommen und loslassen

 

Zwei Tage sind um und wir kommen so langsam an. Erste Untersuchungen und Programmpunkte haben stattgefunden. Heute ist der dritte Abend, ich fühle mich matschig und kaputt, bin aber das erste Mal nicht mit dem Kind zusammen ins Bett gegangen. Am Wochenende finden keine Anwendungen statt, wir haben Zeit, durchzuatmen und richtig anzukommen. Los- und uns auf den Kuralltag einzulassen. Es fühlt sich gut an, nicht kochen und einkaufen zu müssen, sich zu den Mahlzeiten an einen gedeckten Tisch zu setzen und hinterher einfach wieder loszugehen. Allerdings tue ich mich gerade noch unglaublich schwer damit, mal nicht zu planen. Mich treiben zu lassen, nur auf mein Bauchgefühl zu hören und zu machen, wonach mir und uns der Sinn seht. Aber das kommt bestimmt noch. Ist ja noch Zeit. Und ich bin gewillt, das neu zu erlernen.

Die Stille aushalten: Ruhiger Spaziergang im Wald mit Blick auf den Titisee
Welche Erfahrungen habt ihr denn gemacht? Ich würde mich freuen, davon zu hören.


Liebst,
icke



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Warum ich nur mit einem Kind gefahren bin
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2 Kommentare

  1. Hat alles seine Vor- und Nachteile mit einem Einzelkind. Ständig das schlechte Gewissen, er braucht einen Spielpartner, er ist wieder allein. Es kann auch nicht immer Besuch oder Verabredungen geben. Spiele bitte mit deinem Bruder, können wir Eltern mit Einzelkindern nicht sagen…
    Ja es ist leiser, weniger Streit. Das schlechte Gewissen bleibt… wir hätten gerne noch ein Geschwisterchen für ihn gehabt. Ausgesucht haben wir uns das Nicht!!!
    Und nein der Satz „Einkind ist Keinkind“ stimmt definitiv nicht!
    Eltern mit zwei Kindern spielen sich immer sehr auf, als hätten sie 8 Kinder… Wahrscheinlich spielt eher der Neid aus mir, aber lasst bitte diese Vergleiche zu Einzelkindern!!

    • Hallo liebe Olivia, danke fürs Teilen deiner Emotionen. Es tut mir leid, wenn ich bei dir ein blödes Gefühl hinterlassen habe, auch wenn ich an keiner Stelle geschrieben habe, dass ich das Leben mit Einzelkind leichter finde – schon gar nicht, wenn es nicht freiwillig entschieden ist. Dennoch, ich gebe hier nur unseren eigenen Alltag, unsere eigenen Gefühle wieder – es sagt also was über uns und unsere Situation, nicht über andere Familien aus.

      Schöne Grüße und alles Liebe für dich,
      Judith


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