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Mutter-Kind-Kur im Schwarzwald:
Halbzeit, mein Zwischenfazit

Ich muss ja zugeben: Kurz vor meiner Mutter-Kind-Kur kamen mir diese drei Wochen im Schwarzwald nicht nur unglaublich verlockend, sondern insgeheim auch wie ein unerklimmbarer Berg. Schließlich bedeutete sie nicht nur Ruhe und Erholung, sondern auch drei Wochen weg von zuhause, drei Wochen getrennt von Sohn und Mann, drei Wochen allein verantwortlich für ein Kind. 


Hand aufs Herz. Ich hatte, heimlich still und leise, unglaublich Respekt vor diesen drei Wochen. Vor allem der letzte Punkt machte mir ordentlich zu schaffen. Aber nicht nur die Verantwortung, auch (was ich wahrscheinlich schon wieder gar nicht so laut schreiben darf) der Gedanke an das ständige komplett Alleinsein mit meinem jüngeren Sohn machte mir im Vorfeld echt zu schaffen.

Die Mutter-Kind-Kur: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt

Wenn ich mir mal irgendwann einen Satz auf die Innenseite meines Armes tätowieren (oder hinter die Ohren schreiben) lassen sollte, dann wird da stehen „Es kam anders.“ Und auch in Bezug auf die Kur trifft das mal wieder absolut zu: nach anfänglichen Stolpereien in den ersten Tagen kam es tatsächlich anders, nämlich ziemlich entspannt und schön.

Der Ausblick aus meinem Fenster der Eltern-Kind-Fachklinik

In Ruhe ankommen

Mein zweiter Vorname ist Ungeduld und so konnte es mir natürlich mal wieder nicht schnell genug gehen. Nach den ersten Tagen war ich unruhig, schlecht gelaunt, ein bisschen verzweifelt. Und irgendwie wütend. Das sollte doch meine Kur sein, die langersehnte Chance, mich endlich zu erholen, die Möglichkeit, aufzutanken! Jetzt sofort, nein, am besten gestern! Stattdessen klammerte sich dieser kleine, mein kleiner Kerl noch fester an mich als sonst und ließ mir noch weniger Raum als zuhause. Wir schliefen noch unruhiger als sonst (also er und ich dadurch gezwungenermaßen mit) und dann kam, was kommen musste: dicker Schnupfen, Matschauge, das vorläufige Aus für die Kinderbetreuung. Zum Glück was das am Freitagnachmittag, sonst hätte mich das wohl noch mehr frustriert. So nahmen wir es eben hin (und vor allem an, ein kleines Wort, aber ein himmelweiter Unterschied), machten noch ein bisschen langsamer als eh schon und ließen den Rest auf uns zukommen.

Erstmal einen Kaffee kochen, der Rest ergibt sich dann von selbst

Hallo, da sind wir

Wahrscheinlich brauchten wir diese „Zwangspause“, die wir ja am Wochenende ohnehin miteinander gehabt hätten, um uns richtig auf einander einzulassen, bzw, ich mich nur und mal ausschließlich auf ihn. Die erste Woche meines Kur- und Trainingsplanes war ohnehin noch relativ ruhig, ich verpasste also nicht viel. Am Samstagvormittag erkundeten wir dann zusammen mit unseren Tischnachbarn die nähere Umgebung und fahren auf den Feldberg, ein Ausflug, den wir wegen des Wetters und kränkelnder Kinder auch einfach hätten sein lassen können. Und sollen. Und dann kam der Sonntag, der riss es dann raus: wir fuhren nach Freiburg, vier gewinnt, und treffen uns mit den anderen beiden. Wir verbrachten in (und trotz) all dem Fastnachtstrubel einen schönen und eigentlich auch recht entspannten Tag zusammen. „Eigentlich auch recht“, denn so ganz frei von den Geistern, die wir von zuhause mitgebracht haben, sind wir natürlich auch jetzt noch nicht. Unsere Geduldsfäden sind noch zum Reißen gespannt, unsere Lunten zu kurz. Aber wir meisterten unser erstes Treffen bravourös. Die Trennung am Nachmittag kam dann doch wieder schneller als gedacht, war nicht schön, fiel aber zum Glück nicht ganz so schwer, wie befürchtet. Unsere Kinder leben im absoluten Jetzt und nehmen den Moment an, wie er ist – ein Punkt, der uns zugute kommt, den wir vorher noch gar nicht bedacht hatten. Klar kommen immer mal wieder Fragen nach den jeweils anderen, aber wenn die beantwortet werden, ist auch bald gut und sie wenden sich wieder spannenderen Dingen zu: den neuen Spielplätzen, dem Schwimmbad, dem Abendessen.

Große Wiedersehensfreude bei den Jungs

Neue Woche, neues Glück

Am Montag waren wir back on track. Die Klinikärtzin erteilte uns das Go für die Kinderbetreuung, der Teilnahme an meinem Kurprogramm steht also nichts mehr im Wege. Nach dem Frühstück ging es also in den „Katzenkorb“, die Gruppe, in der mein Kleiner untergebracht ist. Die Betreuerinnen sind liebevoll im Umgang mit den Kleinen, klar, das ist ja im Grunde auch eine neverending Eingewöhung hier. Besonders die Kleineren tun sich etwas schwer, natürlich gibt es immer wieder mal Tränen. Aber – Kita sei Dank – beruhigt sich mein tapferes Kerlchen schnell und noch bevor ich den Raum verlasse, sind seine Tränen versiegt. Für mich kann es also so richtig losgehen, endlich auf in den Kuralltag.

Altersgerecht und mal ganz in Ruhe alles erkunden

Sport frei!

Mein Terminplan wird immer voller. Spätestens am Mittwoch, als es den zweiten Wochenplan gibt, wird klar: das hier ist aktive Erholung. Im Plan stehen viele Sporttermine, die nach Absprache mit der Klinikärztin für mich zusammengestellt wurden: Rückenschule, Wirbelsäulengymnastik, progressive Muskelrelaxion. Wassergymnastik, Nordic Walking (ja, wirklich, und richtig gemacht ist es gar nicht mal so doof, im Gegenteil: ich hab das tatsächlich völlig zu unrecht belächelt!) und das scheinbar obligatorische Beckenbodentraining. Dazwischen hin und wieder eine ärztliche Untersuchung oder ein psychologisches Gespräch, abends nach Bedarf und Gusto: Sauna. Die erste Runde hab ich noch ausfallen lassen, die zweite Gelegenheit am Schopfe gepackt: ich habe das Kind ins Bett gebracht und mich danach (aufgeregt und ein bisschen flau) alleine in die Sauna getraut. Denn der Clou ist hier, dass jedes Schlafzimmer über ein hauseigenes Babyphone verfügt, das in diversen Räumlichkeiten der Klinik (bspw. in der Kinderbetreuung oder dem 24h-besetzten Arztvorzimmer) abgehört werden kann. Man sagt also nur Bescheid, dass man das Gerät jetzt angeschaltet hat und wo man zu finden sein wird und dann kann es losgehen – zwei Saunagänge und Gespräche mit anderen Eltern „in Freiheit“. Ja, ich habe auch den Kopf geschüttelt und geglaubt, das ginge nicht. Nein, ich konnte mir nicht vorstellen, dass das mit meinem Schlechtschläfer tatsächlich klappen kann. Oder ich mich das überhaupt traue. Und wirklich versuche. Weil, das ist doch Irrsinn. Und egoistisch. Und völliger Quatsch. Aber was soll ich sagen? Die Rabenmutter in mit ist – wie so oft schon, seit ich hier bin – über meinen Schatten gesprungen, ich habe mich darauf eingelassen und es einfach ausprobiert. Und siehe da – gestern Abend war ich zum dritten Mal in der Sauna und es hat reibungslos (ohne Aufwachen!) geklappt. Natürlich vertrödele ich da jetzt nicht unnötig Zeit, zwei Gänge, kleine Pause dazwischen und zurück ins Zimmer. Aber so funktioniert das, ich bin nach spätestens einer Stunde wieder auf dem Zimmer, mein Kleiner ist die ganze Zeit überwacht und ich habe das fantastische Gefühl, noch etwas für mich – und wirklich mal nur für mich – getan zu haben.

(Doch) Nix für Langweiler: Nordic Walking im Schwarzwald

Mein Learning der Woche: Ich habe oft überhaupt keine Ahnung, wer ich gerade bin und was ich wirklich möchte. Das gilt es jetzt, erstmal rauszufinden. Und das mache ich, ich setze es sogar direkt um. Ich traue mich, zwei Termine aus meinem Plan abzusagen: den einen, um endlich mal Zeit nur mit mir, den zweiten, um sie lieber mit meinem Kind zu verbringen. Ich beschließe, mich an das schlafende, nach Tomatensauce reichende Kerlchen zu kuscheln und eine Pause einzulegen, denn obwohl ich hier unglaublich viel schlafe, bin ich müde und möchte mich ausruhen. Danach stürmen wir nach draußen und genießen, was uns zu dieser Jahreszeit bis ganz in den Schwarzwald kommen ließ: den Schnee.

 
Sich die Zeit nehmen, gemeinsame Pausen einzulegen

Am Ende der Woche stand das nächste Highlight an, ein zweites Treffen mit dem Rest der Bande. Diesmal geht es in Sturm und Regen an den Titisee, 500m-Kuckucksuhren-Paradies und ein bisschen Seeufer. Das zweite Treffen lässt schon spüren: Die Jungs rennen aufeinander zu und umarmen sich, wir alle freuen uns wahnsinnig, uns zu sehen und sind schon tatsächlich schon ein minibisschen entspannter unterwegs. Immerhin gelingt es uns gleich zweimal, so ganz ohne Dramen etwas Essen zu gehen: zu Mittag in einem kleinen Bistro und später am Nachmittag zwei Kinderbecher Pinocchio, einen Banana Split und ein dickes Stückchen Käsekuchen in einer Eisdiele. Dazwischen ein Spaziergang mit Kinderwagen für den Papa und eine Art Miniaturwunderland für den Großen und mich. Exklusivzeit, aber andersum. Das einzige, was ein bisschen auf der Strecke bleibt, sind wir selbst – die Kids haben zu viel zu berichten und sind so aufgeregt, dass es für eine längere Unterhaltung zwischen uns „Großen“ nicht reicht. Die Trennung verläuft dann wie in der Vorwoche: ein bisschen doof, aber auch dieses Mal nicht so schlimm wie befürchtet. Ein Glück.

Familientreffen mit Kulisse: Meine Jungs am Titisee

Mutter-Kind-Kur. Die zweite Halbzeit

Meine Woche startete relativ ruhig. Morgen ist Mittwoch, dann beginnt die dritte Kurzwoche und es gibt es den neuen Kurplan, den letzten für mich. Beinah zwei der drei Wochen sind schon um und ich fühle mich okay. Mein Körper ziept und piekst (angenehm) von all der ungewohnten Bewegung, die Rückenschmerzen, die mich seit den andauernden Tragetagen plagen, sind leider noch ziemlich präsent. Dank der vielen Stunden Schlaf (am Stück, aber nicht ohne die üblichen Unterbrechungen) bin ich zum ersten Mal seit ewig nicht dauerhaft lähmend müde. Die Gruppe, die hier vor knapp zwei Wochen gleichzeitig angekommen ist, ist inzwischen zusammen gewachsen, obwohl doch jeder für sich hier ist, gibt es auch ein „gemeinsam“. Die Kinder verstehen sich gut, die Größeren ziehen in Grüppchen übers Gelände, sind vormittags in der Schulkindbetreuung oder in den Kindergruppen, stromern an den Nachmittagen herum. Achten auf und spielen mit den Kleineren, geben ihnen Anschwung beim Schaukeln, rodeln mit ihnen den Hang vor der Klinik hinunter, ziehen sie auf den Schlitten wieder herauf.

Fröhliches Schneeabenteuer: Rodeln direkt am Klinikhang

Und mein Kleiner und ich? Haben eine gute Zeit. Die Vormittage gehören meinen Anwendungen, dann essen wir zusammen und legen im Zimmer eine kleine Pause ein. Nachmittags geht es für ihn dann nochmal zurück in die Betreuung und für mich ins Wasser, die Turnhalle oder den Wald. Danach genieße ich den Luxus, mal nur einem Kind voll und ganz nachkommen zu können, ohne Einkaufen oder den Haushalt organisieren zu müssen, ohne Essen vorzubereiten, mit Bedürfnissen zu jonglieren und mir Tag für Tag ein Stückchen Bein auszureißen. Meine Angst, nicht zu wissen, was wir mit uns überhaupt anfangen können, war völlig unbegründet. Wir spazieren, wir schaukeln oder stehen nur da, butschern Hand in Hand die Treppen rauf und wieder runter, jagen zusammen Bällen hinterher, testen, wie Schnee sich anfühlt. Wir schlendern wieder und wieder durch die Klinik und untersuchen jeden Gang, jede Tür, jeden Raum und jede Ecke. Es tut gut, dabei keine Zeit im Hinterkopf haben zu müssen, denn davon haben wir hier tatsächlich endlich genug: Zeit, um uns einfach nur treiben zu lassen, Zeit, um einfach zu sein.

Kleiner Luxus: die Exklusivzeit mit einem Kind genießen

Ich bin gespannt, was die letzte Woche hier bringt, wie mein neuer – und letzter – Anwendungsplan aussehen wird und welche Aha-Effekte mich noch überraschen werden.

Und jetzt dürft ihr. Habt ihr Fragen? Interessiert euch etwas ganz besonders? Worüber wüsstet ihr gerne noch mehr?

Liebst,
icke

 

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