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Mental Load ist kein kurzfristiges Problem (inkl. Buchtipp)
„Du Schahaaatz, hier steht, ein Fahrzeug mit einer festen Lenkstange wäre okay. Haben wir sowas?“ frage ich ihn und bin ziemlich entrüstet, als ich darauf hin aus dem Dunkeln nur angeknurrt werde. Ich meine hey, ich muss das jetzt wissen, jetzt denke ich gerade dran. Vielleicht können wir nämlich doch eins der Kinderfahrzeuge mit in den Wildpark.. Die Stange eines Rollers ist doch schon recht fest. Oder doch lieber den Buggy? Wo sind eigentlich die Regenjacken? Und ach man, Mist, schon wieder vergessen, den Zahnarzttermin zu vereinbaren. Wann war jetzt nochmal die U? Egal, erstmal Wildpark. Für’s Picknick ist glaub ich der Kühlschrank zu leer. Ob ich morgen früh schnell nochmal einkaufen…? 
 
Okay klar, es ist bereits nach Mitternacht, wir sind mal wieder auf der Couch in der neunten Staffel Friends versackt und jetzt ist er gerade am Einschlafen. Aber während ihm das mit ein paar Tricks ganz gut zu gelingen scheint, liege ich wach und finde keine Ruhe. Meine Gedanken fahren nicht nur Karussell, sondern Loopingbahn mit freiem Fall und ich kann sie einfach nicht anhalten. Nicht mal so lange, um wenigstens einen von ihnen kurz zu fassen zu kriegen und vielleicht mal einen Moment darauf rum zu denken – bis zum Ende zu denken hab ich längst aufgegeben. Ich liege also da und starre ins Dunkel, jage den Gedankenfetzen hinterher und versuche zu ordnen, woran ich morgen denken will. Mein Kopf rauscht und ich bin innerlich ganz aufgewühlt, obwohl ich gleichzeitig erschöpft und hundemüde bin.

Schnitt. Es ist 2018 und Herbst.

Brisantes Thema, dieses Mental Load, denke ich, während ich meinen Blog umbenenne von „Wie das Leben spielt“ in „Gemeinsam aus dem Mamsterrad“. Ich hatte soeben eine wahre Erleuchtung erfahren und mein Problem hatte nicht nur endlich einen Namen bekommen. Dank Patricia Cammarata aka dasnuf und Imke von Mutterhelden hatte ich endlich verstanden, was Mental Load ist und was das mit mir machte. Und dass es einen Grund gibt, warum man sich morgens um acht nur zehn Minuten lang irgendwo auf den Alexanderplatz legen will. Ich war erleichtert, damit nicht allein zu sein, nicht die Einzige, die „ihr Leben nicht auf die Reihe bekommt“ und wollte das Problem lösen – und zwar sofort.
 
Ich wollte gegen das typische Überladen von Gedanken, das Vereinnahmen der gesamten Verantwortung und vor allem gegen meinen Perfektionismus kämpfen. Ich wollte etwas dagegen tun, dauererschöpft und und immer müde zu sein, wollte nicht mehr nur mies gelaunt und im roten Bereich meines Akkus durchs Leben stolpern. Ich wollte endlich wieder „klarkommen“ und mich wieder wohl fühlen in meiner Haut. Mental Load sollte nicht zu einem Loadchen, sondern zu einer Gleichverteilung werden. Wir wollten das beide und gingen es an.
Raus aus der Mental Load Falle - Wie ich es jetzt angehe

Aller Anfang ist schwer

Emsigst arbeiteten wir Pläne aus, planten uns feste, regelmäßige Auszeiten ein und bestärkten uns darin, sie auch wirklich zu nehmen – auch, wenn das schwer fiel. Von nun an ging ich einmal die Woche am Abend schwimmen und in die Sauna. An den anderen Tagen versuchte ich, direkt mit dem schlecht schlafenden Baby ins Bett zu gehen und so wenigstens insgesamt auf mehr Stunden zu kommen – wenn auch nicht am Stück. Ich stellte meine Ernährung wieder auf „gesünder“ um. Außerdem schraubte ich mein „Engagement-Pensum“ runter und strich alles, das nicht unbedingt sein musste. Kuchen backen und verzieren bis mitten in der Nacht? Ein gekaufter tut’s auch. Den Weihnachtsbasar organiseren, allen personalisierte Weihnachtskarten schicken und auch noch Plätzchenteig für den Kitaverkauf vorbereiten? Ich ließ es sein. Überhaupt ließ ich alles sein, was mich zusätzlich anstrengte und bemühte mich, die Zahl der Hochzeiten, auf denen ich gleichzeitig tanzen wollte, gering zu halten. Und ich versuchte, das Gedankenkarussell so oft wie möglich mal anzuhalten.

Noch schwerer: Am Ball bleiben!

Ich war verblüfft – das klappte. Wir taten alles dafür, damit ich mich endlich wieder besser fühlte und dagegen im bisher gewohnten Takt weiter zu rennen. Eine Weile funktionierte das wirklich auch gut, ich entschöpfte nach und nach und bekam wieder Oberwasser. Und dann passierte es: ich wurde ganz umbemerkt wieder nachlässiger. Obwohl ich nach außen hin auch in meinem geliebten Podcast klug schnackte, Überflüssiges wirklich wegzulassen und bei jeder dazu kommenden Aufgaben zu hinterfragen, ob das wirklich geschehen müsse, jonglierte ich selbst plötzlich wieder mit zu vielen Bällen und steckte, ehe ich mich versah, wieder bis zum Hals in der Mental Load Falle.
Raus aus der Mental Load Falle - Wie ich es jetzt angehe
 

Das mach ich noch schnell, ist gar kein Problem

Es hatte sich klammheimlich eingeschlichen. Ich fühlte mich gut, klar schaff ich das noch, ich mach das schnell. Plötzlich war ich  wieder diejenige, die den Arm nicht schnell genug nach oben reißen konnte, wenn es um das Verteilen neuer Verantwortlichkeiten ging. Kein Problem, schließlich war ich ja wieder fit, ich täte ja etwas für mich gegen die Mental Load, regelmäßig. Dass das längst schon wieder schleifte, weil immer wieder etwas vermeintlich Wichtigeres dazwischen kam, kam mir nicht in den Sinn.
 
Am Ende überlud ich mich wieder – mit Aufgaben, aber auch mit Denkarbeit. Nicht etwa, weil ich keine Verantwortung abgeben wollte oder konnte. Sondern hauptsächlich, weil ich es selbst machen wollte, und das auch noch gut. Ich wollte es trotz meines Jobs, dem Haushalt und der Carearbeit schaffen, gut zu sein. Wollte diesen verdammten Kuchen selbst backen, der farblich zur Tischdecke, der Deko und dem Geschenkpapier passte. Und da wachte ich ein paar Tage später wieder auf, nachts um halb zwei. Obwohl ich noch gar nicht schlafen gegangen war. Mit schweren Gliedern, brennenden Augen, vor Erschöpfung heulend. Während ich für den morgigen Geburtstag meines Sohnes farblich passende Luftballontrauben knüpfte.

Most wanted: Das Ende mit Schrecken

Vor ein paar Wochen ergatterte ich das Buch „Raus aus der Mental Load Falle“ von Patricia Cammarata* (Amazon Partnerlink), inzwischen ein Bestseller aus dem BELTZ Verlag. Schon nach den ersten Seiten war mir völlig klar: Mission verfehlt. Also, meine. Denn ich hatte mein Ziel schlichtweg aus den Augen verloren. Ich hatte vor lauter Optimieren von Aufgaben und Schreiben von To-Do-Listen übersehen, dass ich mich schon wieder völlig verrannt hatte. (Kurzer Einschub btw: Besser als To-Do ist Have-Done! Mehr dazu könnt ihr hier lesen.)

Kontinuierlich gegen Mental Load vorgehen

Während ich Patricias Zeilen verschlang, dauernickte ich zustimmend und hätte gerne nach jeder neuen Seite applaudiert – am liebsten stehend. Plötzlich wurden da schwarz auf weiß so viele gute Gedanken auf so amüsante Art und Weise wieder in meine Verstand geholt, dass ich das Buch nicht mehr weg legen mochte. Ich las also und las und kapierte einmal mehr, dass der Weg aus der Mental Load Falle leider nicht nur aus ein paar kurzfristigen Optimierungen und abgesagten Verabredungen bestand, sondern wirklich kontinuierliche Arbeit bedeutet. Arbeit, die unbequem ist, aber letzten Endes dazu führt, meine zermürbende (Denk-)Arbeit zu reduzieren (bzw. besser zu verteilen!) und dadurch wieder zu mehr Leichtigkeit und Lebensqualität zu finden. Eine Investition in mich.
Raus aus der Mental Load Falle - Buchrezension

Von alten Pfaden abweichen, neue Wege wagen

Und das gehe ich jetzt an. Wie ich es schaffe, meinen Kopf so richtig auszuschalten, darüber habe ich hier schon geschrieben. Dazu werde ich erneut und gemeinsam mit meinem Mann unser Familienleben neu sortieren. Wir werden Ursachen erkennen und Mankos aufdecken, Aufgaben neu ordnen und die Verantwortung teilen. Wir werden neue Wege probieren und sie weitergehen. Wenn sie nicht passen, richten wir uns neu aus und probieren solange, bis es sich für uns beide gut anfühlt. Und wir bleiben kontinuierlich im Gespräch, damit die Grenzen nicht wieder klammheimlich verschwimmen.
 
Der Anfang ist schon gemacht. Ich bin gespannt, wohin uns der Weg uns diesmal führen wird und werde darüber berichten.
 
Wer übrigens keine Zeit (oder Kraft) zum Lesen hat, „Raus aus der Mental Load Falle“ ist jetzt auch als Hörbuch erhältlich. Danke, Patricia!
 

Liebst,

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9 Kommentare

  1. Hallo Judith 😇
    vielen Dank für Deinen sehr unterhaltsamen und informativen Beitrag! Ich laufe nun fast 47 junge Jahre mit einem Berg Haaren durch die Weltgeschichte, welche ich (welch Überraschung) immer wieder Glätte…Föhne…Öle…Zusammenbinde und ja auch soooo oft verwünsche. Aber die Locken die mich als Kind haben Tränchen kullern lassen mit stolz und Freude tragen? Nielmals…dachte ich. Bis hierhin😄Denn Du hast mich überzeugt meine Locken nicht mehr nur im Kopf sondern auch auf dem Kopf zu tragen. Jetzt heißt es nur noch alles flink dafür zu besorgen und das Abenteuer zu wagen! Dir eine Gute Zeit. Viele Grüße

  2. du schreibst am Anfang etwas von „kein Mikroplastik“. dann prüfe doch nochmal die Inhaltsstoffe von cantu… Mikroplastik!

  3. Ich möchte auch moderne Locken tragen. Bisher hatte ich eher glatte Haare. Gut zu wissen, dass es ein Buch gibt, dass Tipps dazu gibt, wie man seine natürlichen Locken pflegen kann.

  4. Auch ich bin aufgrund meiner sehr starken und kleinen Locken auf Conditioner angewiesen, um meine Haare überhaupt kämmen zu können. Leider ist es nach jeder Haarwäsche ein Zufall, ob meine Frisur anschließend gut aussehen wird oder nicht, da ich seit Jahren dieselbe Vorgehensweise bei der Lockenpflege beibehalte. Vielleicht wird mir demnächst ein Friseur Tipps geben können, wie ich das Maximale an Volumen aus meinem Haar rausholen kann, wenn ich mir für eine bevorstehende Hochzeit eine besondere Frisur kreieren lasse.

  5. Vielen Dank für deinen ehrlichen Bericht! Ich war heute beim Friseur und dort hat man mir auch die Curly Girl Methode empfohlen. Allerdings bin ich genau wie du auch sehr überfordert von allem. Ich hoffe, bei mir ändert sich das ebenfalls schnell und ich erreiche gute Ergebnisse damit.

  6. Ich habe vor 2 Wochen nach 20 Jahren Keratin und täglich glätten auch aufgegeben. Meine Haare sind ca 70cm lang und extrem dick. Ein endloser Kampf. Seit ich sie nur noch wasche und luft trockne hab ich jetzt einen lockenkopf als ob ich von Friseur komme. Fühle mich damit allerdings überhaupt nicht wohl , muss mich erst daran gewöhnen

    • Liebe Caren, danke fürs Teilen deiner Gedanken!

  7. Huch…das ist aber ein riesiger Aufwand!!! Und die Menge an Produkten. Das geht ins Geld, ne Menge Wasser wird verbraucht. Ich brauche nur eine Nussgrosse Menge Shampoo. Habe in Frankreich ein Shampoo gefunden, der Hammer! Die Inhaltsstoffe hab ich nicht angeschaut, brauch aber sehr sehr wenig und auch nur 2x die Woche. Versucht mal …von Dessange, Nutri- Extrême Richesse. Shampooing concentré nutrition für cheveux trés secs réches, ternes. Mit Huiles précieuses d’onagre et sésame. Keine Ahnung wo man das in Deutschland oder der Schweiz sonst bekommt aber man geht ja in die Ferien und das Shampoo gibts dort in diversen Supermärkten.

    • Hi Christina, danke für deine Worte! Ehrlich gesagt ist der Aufwand nur während der Umstellung größer, inzwischen brauche ich nicht länger als vorher. Und da zumindest ich meine Harre auch nur noch einmal pro Woche waschen muss, halten die Produkte auch ewig. Aber ich schau mir die Produkte gerne an, danke für den Tipp!

      LG Judith


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