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Von Jungs mit Zöpfen, Mädchen, die Feuerwehrmann sein wollen und Männern, die weinen

„Na Kleine, was möchtest du denn?“ – wie oft mein Sohn als Mädchen angesprochen wird, kann ich inzwischen schon gar nicht mehr sagen. Ich habe mich daran gewöhnt, lasse ihn antworten oder leihe ihm meine Stimme, wenn er sich selbst nicht widersprechen möchte. Ein Stück weit verstehe in den Gedanken der Leute sogar, denn Kindergesichter sind nun einmal Kindergesichter und ohne äußere Anzeichen erkennt man schlichtweg manchmal nicht, welche kleine Persönlichkeit sich dahinter verbirgt. Mein Problem ist hier ein ganz anderes.

Was bitte schön jetzt mein Problem ist?

Mein Problem ist, dass selbst Erzieher meine Jungs im Scherz schon mit Mädchennamen angesprochen haben, statt sie zu bestärken. Denn dass meine Jungs das als Scherz aufgefasst haben, bezweifle ich. Mein Problem ist, dass Kinder in den Kitas oder auf Spielplätzen hänselnd durch die Gegend springen und sagen, Zöpfe seien was für Mädchen und lila gleich mal sowieso. Mein Problem ist, dass mehr oder weniger fremde Menschen meinem Kind, dass traurig ist oder sich weh getan hat, vermitteln, dass Jungs nicht weinen oder „Indianer keinen Schmerz kennen“ (sic!). Da weiß ich ehrlich gesagt nicht einmal, welches Fass ich da am liebsten zuerst aufmachen würde. Und mein Problem ist, dass Mädchen schief angeschaut oder offenbar sogar „berichtigt“ werden, wenn sie zum Fasching als Feuerwehrmann gehen wollen.

Warum mit
Papa lackiert seinen Jungs die Nägel bunt

Wer sind wir denn, dass wir unseren Kindern vorschreiben wollen, wie sie auszusehen und was sie anzuziehen haben? Was „sich schickt“ oder „sich gehört“ oder „man nicht macht“? Was spricht denn gegen lange Haare bei Jungen und Mädchen in Bagger-Pullis? Warum sollen Kinder nicht weinen dürfen, wenn sie sich gerade danach fühlen und ist das Verkleiden nicht genau dazu da, gänzlich in die Haut eines anderen zu schlüpfen?

Warum mit
Mein Sohn trägt gerne einen „Elsa-Zopf“.

 

Sind Zöpfe echt nur für Mädchen?

Kinder wollen sich ausprobieren, wollen mit Farben und ihrem Aussehen experimentieren, ihre Persönlichkeit formen und sich finden. Ich weiß, dass die meisten dieser Aussagen unbedacht getroffen werden, lustig sein sollen „Hallo Maximiliane“, oder schlichtweg in den Köpfen der Leute verankert sind. Weil sie es so gelernt haben, weil es schon immer so gemacht wurde. Wie schade, dass unseren Kindern durch sowas aber nicht nur Steine in den Weg, sondern auch in den Kopf gelegt werden. Denn was sie bei ihren Eltern hören, ahmen auch sie nach und verinnerlichen das. Ein „Zöpfe sind nur was für Mädchen“ ist im Prinzip nur eine Rückversicherung des von ihren Vorbildern Gelernten und zwar so lange, bis es zur eigenen Wahrheit wird.

Prinzessinnen tragen bunt, Prinzen auch

Es ist jetzt an uns, diese Wahrheit für unsere Kinder bunt zu gestalten. Sie dabei zu unterstützen, wenn sie sich ausprobieren möchten und sie zu bestärken, wenn sie neue Wege gehen wollen. Es spricht ja überhaupt nichts gegen rosa Prinzessinnen – aber doch auch nicht, dass diese auf den Namen „Fiete“ hören!

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Männer weinen

Und dann zog mich neulich ein Buch in seinen Bann, bei dem ich gar nicht anderes konnte – ich MUSSTE es einfach haben. „Männer weinen“ von Jonty Howley ist nicht nur wirklich zauberhaft illustriert. Es erzählt auch auf wunderschönste Art und Weise von längst überholten Sichtweisen, die aus Unwissenheit und Angst mühsam aufrecht erhalten werden. Es erzählt vom Begreifen und Lernen, vom Korrigieren und Geschichten neu schreiben. Es regt zum Nachdenken an, treibt das ein oder andere Tränchen in die Augen und zaubert gleichzeitig ein Lächeln ins Gesicht. Es erklärt, dass es wichtig und gut ist, seine Gefühle kennen zu lernen und sie nicht nur zuzulassen, sondern auch zu ihnen zu stehen.

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Must have: Das schönste Buch für die ganze Familie

Das Buch „Männer weinen“ hat etwas mit uns gemacht. Tatsächlich hat es die ganze Familie berührt und auch Freundinnen, die es inzwischen bei uns gelesen haben, nennen nun ein Exemplar ihr eigen. Wir lesen es wieder und wieder, manchmal blättern wir aber auch nur durch und entdecken die schönsten Details. Falls ihr also auf der Suche nach einem Geschenk zum Geburtstag, zu Ostern oder einfach nur so seid, „Männern weinen“ von Jonty Howley ist eine absolute Empfehlung.

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Hier geht es direkt zu „Männer weinen“ bei Amazon.
(Das ist ein Link des Amazon Partner Programmes. Wenn ihr das Buch darüber bestellt, erhalten ich von Amazon eine kleine Provision. Auf den Preis, den ihr bezahlt, hat das keinen Einfluss, aber ich freue mich darüber sehr. Danke!)

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Ein übrigens auch ganz hinreißendes Buch über die Wucht von Gefühlen, den unterschiedlichen Umgang mit ihnen, über Nähe und Trost und darüber, was wirklich dabei hilft, sie in den Griff zu bekommen, ist „Häschen tröstet“ von Cori Doerrfeld, ebenfalls aus dem Zuckersuess Verlag*

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Ich sag mal so: Dieser Verlag heißt definitiv nicht von ungefähr so. Also viel Spaß beim Stöbern!

Liebst,

Transparenz: Beide Bücher wurden mir vom Verlag als Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt.

Bei Pinterest merken? Bitte sehr:

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Oh hi, Depression – eine Diagnose kommt selten allein

Da steht sie plötzlich, schwarz und fett auf einem blassrosa Papier, die Tinte ein bisschen verschwommen. Eine Abkürzung, die mir die Tränen in die Augen schießen lässt – genau jetzt und unzählige Male in der letzten Zeit, immer wieder, ungebremst rückwärts bergab und keine Chance, die Bremse zu ziehen.

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It's okay to be not okay. Ok. I am not.

It's okay to be not okay. Ok. I am not.

It’s okay to be not okay.
Ok. I am not.

Das Meer ist ganz ruhig, ganz glitzernd und spiegelt, es schwimmt sich ganz easy, routiniert geht’s voran.

Von Strömungen, die sich da langsam aufbauen und heimlich ganz stark werden, merkt man vorerst nichts. Nur vielleicht, dass man plötzlich ein bisschen mehr Kraft braucht, um das Tempo zu halten, das man sonst von sich kennt.

Man kommt weiter gut vorwärts, glaubt: Man, ach, das geht schon! Denn irgendwie geht es ja weiter voran. „Ich stell mich nur an grad, ich bin einfach müde, dann geht es heute eben bisschen früher ins Bett.“

Dass die Strömungen inzwischen Strudel wurden, die alles gierig und stark alles in den Abgrund ziehen, die reißen und tosen, die wüten und rauschen, das bleibt verborgen, das sieht man schlicht nicht.

Man schwimmt einfach weiter, mehr Kraft noch, das geht schon, das Meer scheint doch ruhig und der Himmel noch blau. Doch der Strudel, der wildert beharrlich nach unten, mehr Kraft noch, mehr Sog folgt, dann zu viel und zu laut.

Bis man – viel zu spät dann – endlich realisiert, dass gar nichts mehr rund läuft und man nicht mehr kann.

Blöd nur, dass die Kraft da schon lang nicht mehr ausreicht, um zurück zu kommen und nicht unterzugehen.


Warum ich das schreibe, das öffentlich mache? 
Weil ich nicht okay bin.
Und das ist okay.

Und weil’s mir so schwerfällt, darüber zu sprechen, weil ich das schlichtweg einfach (noch) nicht so gut kann. Doch es musste mal raus jetzt und es scheint so viel leichter, die Worte zu schreiben, die ich nicht aussprechen kann. Sie mir einzugestehen und sie mir zu erlauben, das ist ein Anfang. Der Weg ist lang, doch das Ziel ist das Ziel. Und wenn ich da ankommen, dann will ich wieder ich sein. Und wieder ich werden? Da arbeite ich jetzt dran.

Liebst,

Auch das noch: Ich hab AD(H)S als Erwachsene

Auch das noch: Ich hab AD(H)S als Erwachsene

Keine Ahnung, ob du es vielleicht schon bei Instagram verfolgt hattest oder ob das hier jetzt komplett neu ist: Ich habe AD(H)S, das erst kürzlich bei mir diagnostiziert wurde.. Ein bisschen was habe ich schon dazu erzählt und geschrieben, aber irgendwie ist das nicht nur ein Thema für Instagram, sondern auch für hier  und ich glaube, deswegen werde ich jetzt nach und nach auch auf meinem Blog darüber schreiben. 

Pünktlich zum Mental Health Day am 10. Oktober war es jedenfalls so weit: Wochenlang hatte ich überlegt, ob ich in der Öffentlichkeit überhaupt darüber sprechen möchte, und plötzlich war es ganz klar: Die Zeit des Versteckens muss vorbei sein, wir müssen über Dinge sprechen, wenn wir sie ändern, wenn wir sie enttabuisieren wollen. 

Seit immer schon versuche ich, meine „Schwächen“ zu verstecken, meine „Makel“ und Eigenschaften, die ich mir immer weggewünscht habe und ständig versucht, zu maskieren. Ich hab weder über den Burnout gesprochen, der mich vor etwa 10 Jahren in die Knie zwang, noch über die Therapien, die ich gemacht habe, geschweige denn von all den anderen Dämonen, mit denen ich hin und wieder kämpfe.

Und auch meine neuste „Errungenschaft“, AD(H)S – spätdiagnostiziert im Erwachsenenalter – wollte ich erst weder wahrhaben noch darüber reden. Ich weiß seit einer kleinen Weile, dass ich ADHS habe. Irrsinnig viel erklärt sich dadurch, und dennoch ist es noch schwer zu fassen. Ich stehe am Anfang, aber ich bin auf dem Weg. Und ich werde drüber sprechen. Weil endlich Schluss sein muss mit dem Maskieren – und zwar in jegliche Richtung.

Und jetzt entschuldige mich, mein Mutausbruch macht mir Angst, ich muss mir mal kurz die Decke über den Kopf ziehen. 🙈

Falls du jetzt aber Lust  bekommen hast, mehr darüber zu hören, dann here some good news. Wir haben für den Mamsterrad-Podcast mit den AD(H)S-Expertinnen Dr. Ismene Ditrich, Fachärztin für Psychologie und Psychiatrie, und Dr. Christa Koentges, Psychologin und Psychotherapeutin, über AD(H)S im Erwachsenenalter und insbesondere bei Frauen gesprochen. Die ganze Podcastfolge gibt es hier:

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Weitere Informationen

Wenn dich das Thema „AD(H)S im Erwachsenenalter“ interessiert, habe ich hier noch ein paar wirklich tolle Buchtitpps für dich:

„Die Welt der Frauen und Mädchen mit AD(H)S“

Frauen und Mädchen mit AD(H)S erhalten viel seltener eine Diagnose als Männer und Jungen, denn ihre Symptome fallen weniger stark auf: Betroffene Frauen und Mädchen sind weniger hyperaktiv, dafür verträumt, unaufmerksam und vergesslich. Die zu späte oder fehlende Diagnose kann weitreichende Folgen haben: Der Leidensdruck bleibt meist über Jahrzehnte bestehen, schadet ihrem Selbstwertgefühl und zieht Folgeerkrankungen nach sich.

Die vier Expertinnen der Freiburger Arbeitsgruppe AD(H)S leisten in diesem Buch wichtige Aufklärungsarbeit für Frauen mit AD(H)S sowie für Eltern betroffener Mädchen. Mit vielen Einblicken aus der Forschung, Fallgeschichten, Reflexionen und Übungen zur Selbsthilfe zeigen sie konkrete Wege auf, wie Betroffene mit ihrer Besonderheit Frieden schließen, ihre vielen Stärken entdecken und gut mit AD(H)S leben können.

BUCH BESTELLEN*

„Hirngespinste: Mein Leben mit ADHS“

Sätze wie „Ein bisschen ADHS hat doch jeder.“, „ADHS gibt es doch gar nicht.“ oder „ADHS haben doch nur kleine Jungs.“ gehören für Lisa Vogel zum Alltag. Wie es ist, als erwachsene Frau mit ADHS zu leben, welchen Vorurteilen man ausgesetzt ist und was im Alltag hilft, davon handelt dieses Buch.

Lisa räumt mit Mythen rund um die Stoffwechselstörung im Gehirn auf. Denn nicht jede/r mit ADHS ist ein zappeliges Kind, schlecht in der Schule oder auffällig im Erwachsenenalter. Mit ihrer späten Diagnose begann ihre Reise zu sich selbst, aus der ihr Wunsch erwuchs, andere auf dieser Reise zu begleiten, ihnen Verständnis zu schenken und sie vor Selbstzweifeln zu schützen.

Aktuelle Erkenntnisse und Studien zum Thema ADHS bei Erwachsenen runden das Buch ab.

BUCH…

4 Kommentare

  1. Danke für den schönen Text! Meinen beiden Jings geht es ganz genauso.
    Und dann hat sich der 5 jährige im August die langen Haare selber abgeschnitten mit anschließender Kahlrasur durch mich. Da kam prompt von allen Seiten die Frage an den 8jährigen, ob er das jetzt nicht auch machen wolle, damit man endlich erkenne, dass er kein Mädchen sei. Die nächsten Tage lief das kahlköpfige Zwergenkind im Kleid durch die Welt. Da waren dann die Leute vollends geplättet.
    Warum kann man denn die Kinder nicht einfach machen lassen, solange sie niemandem weh tun?

    • Danke für für deine lieben Worte. Und ja, ich verstehe es auch nicht. Mich tröstet manchmal der Gedanke, dass die meisten es ja nicht "böswillig" unterstellen, sondern einfach über Jahre so gelernt haben. Das wieder aufzuweichen, geht wohl leider nicht über Nacht. Bleiben wir gemeinsam dran in der Hoffnung, dass das für die Kinder unserer Kinder vielleicht kein so großes Thema mehr ist. ❤️

  2. Danke für die wunderbaren Worte. Ich wünsche allen Kindern mehr Freiheiten im experimentieren und sich selber erforschen, in der Hoffnung das daraus in sich selbst ruhende Erwachsene werden können.

    • Lieber Paul, danke für deine wertschätzenden Worte, sie berühren mich sehr! Liebe Grüße!


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