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„Home is nun ma, where..“ – oder wie war dit noch?

„Altaaa, wat?“ denk‘ick, während ick zaghaft versuche, meine Augen zu öffnen. Und „Ick will nach hause.“ Aus’m Radiowecker brüllt mir Radio HH inne Ohren, dass heute janz sicher ein wunderschöner Tach werden würde. „Jenau, fremde Stadt, trotz Sommer regengrauer Himmel und ick alleene. Wenn dit nich beste Voraussetzungen für‘n richtee juten Tach sind..“ murmel ick vor ma hin und schlurfe in’t Bad.

‘Ne jute Stunde später steh ick beim Bäcker und überleje, ob ick wirklee schon an Essen denken kann. „Altaaa, wat? ‘Ne Schrippe für 50 Cent? Sind die denn alle völlee bekloppt hier?“ Als ick mich gerade umdrehen und den Laden fluchtartee verlassen will, hör ick ein „Moin, min Deern, kannst Dich nicht entscheiden, nech? Probier doch mal ein Franzbrötchen. Vielleicht das mit Schokolade. Oder mit Rosinen. Oder… “ Oha, die Bäckersfrau scheint zum Plaudern uffjelegt. Wat is nur mit den Menschen in dieser Stadt, dass die sich hier alle ununterbrochen vor lauter Freundleekeit überschlagen müssen? Ick koof mir erstma ‘n Pfannkuchen („ Du meinst bestimmt einen Berliner, nech?“ „Man, nee, ha‘ick mich nich klar ausjedrückt? Ick will ‘n Pfannkuchen!“), beschließe, dit Jelaber zu ignorieren um endlee meine Ruhe zu haben und mach ma uff‘n Weg zur Arbeit.

Dort anjekommen führt mich mein Weg erstma inne Küche. „Alter, wat? Warum is der Kaffee eijentlee immer jenau dann alle, wenn man ihn am nötigsten braucht?“ Wahrscheinlee aus dem gleichen Grund, warum ooch die Seife im Bad und dit Papier im Drucker nich nachjefüllt werden. Ick nehme mir aber vor, erstma janz tief durchzuatmen, bevor ick jepflegt ausraste, jehe zurück zu meinem Schreibtisch und dröhne mir dit Jehör mit eijens für‘t Büro ausjesuchter Mukke weg. Hat im Großraumbüro ooch den Vorteil, dass man einfaa nich allet mitbekommen muss. Aber in Ausblenden bin ick eh janz jut mittlerweile, Mukke hin oder her.

Für‘de Mittagspause ha‘ick mir vorjenommen, inne Schanze spazier‘n zu jehn, soll ja ooch janz jut sein, ma ‘n bisschen anne frische Luft zu kommen. „Altaaa, wat is’n hier los?“ Ick bin noch nichma richtee anjekommen, als mir uff eenma schlagartee klar wird, dass die Schanze sowat sein muss wie der Hackesche Markt oder die Kastanienallee des Nordens: lila Leggins, jelbe Jummistiefel, jehäkelte Strickjacken und riesije Brillenjestelle, die man höchstens inne 80er Jahre tragen konnte, da aber ooch nur, weil‘et nüscht anderet jab. Ejal, schnell noch‘n Kaffee jeholt uff‘m Galao-Strich und zurück uff Arbeit, die macht sich ja schließlee nich von alleene fertee.
 

Den Rest des Nachmittages bringe ick also damit zu, mich am Telefon zur Abwechslung um jeheuchelte Freundleekeit zu bemühen und meinen Dialekt zu unterdrücken, für meine Küchenjänge jenau die Momente abzupassen, in denen der Kaffee frisch jekocht is, und die Berge uff meinem Schreibtisch zum schrumpfen zu bringen.

Als‘et langsam uff‘n Feierabend zujeht, und frag‘ick ma inzwischen ernsthaft, ob die hier wohl alle VHS-Kurse in „Höflee sein“ besuchen oder ihnen dit schon mit‘de Muttermilch verabreicht wurde. „Ach, Du bist neu hier, oder? Warst Du schon am Hafen“? „Wat soll ick denn am Hafen“, denk‘ick, „Schiffe kieken?“ Sage aber nüscht und nehme mir vor, mir dit Spektakel viellei doch später ma anzukieken.
 

Jesagt, jetan, uff’s Rad jehopst und losjedüst in Richtung Elbe. Is ja ooch schön an so‘nem Hafen, Schiffe jab‘s, Fischbrötchen ooch, also allet dufte. Den ersten Hunger abjespeist beschließ‘ick, rückzu noch wat Essbaret zu orjaniesier‘n. Steh ick also im Lütt’n Grill und hör ma sagen „IcknehmnBroiler.“ Am verdutzten Jesichtsausdruck und dem „Wie büdde?“ erkenn‘ick, dass dit offensichtlee nich präzise jenuch ausjedrückt war und versuch’et nochma, in langsam, hochdeutsch und freundlee. Diesma klappt’et.

Volljefuttert verzieh ick ma also wieder in meine eijenen vier Wände, dahin, wo die „Berlin liebt Dir“-Karte am Kühlschrank und „The New Berliner“ im Wohnzimmer hängen. Dahin, wo‘n uffblasbarer Fernsehturm mitten im Schlafzimmer steht und ick mich jeborgen fühle, weil ick, trotzdem draußen Fremde herrscht, hier drinnen janz ick selbst sein kann.
 
Erschöpft kriech‘ick später in meen Bett, zieh mir die Decke bis über beede Ohren und fasse den Tach nochma zusamm‘. Radio HH? Dreckssender. Bäckersfrau? Freundlee, aber um die Uhrzeit einfaa noch zu anstrengend. Pfannkuchen? Heißen hier Berliner. Schanze: „Altaaa, wat?“ Hafen? Is schon schön da, ‘n bisschen wie Urlaub. Broiler? Jibts ooch, heißt anders, schmeckt trotzdem. Zuhause? .. is‘ am schönsten!
 
Und mit dem Jedanken, dass man vielleicht ooch einfaa überall zuhause sein kann, wenn man sich nur ‘n kleenet Stückchen Heimat im Herzen uffbewahrt, schlaf‘ick ein.

Liebst,

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7 Kommentare

  1. Ach komm, so schlimm ist die alte Hansestadt nun wirklich nicht. Obwohl ich dich verstehe. Denn aus B. will ich auch nicht mehr weg, obwohl ich als alter Lüneburger eher aus dem Elbe-Großraum stamme.

  2. War das dein Lesungstext vom Samstag?
    In dem Fall sehr schade, das verpasst zu haben.

  3. @bunki schlimm? nee, schlimm is anders. aber für'ne berliner jöre kann soviel freundleekeit uff eenen haufen schon janz schön anstrengend sein.

    @kaal nee, am samstag gab es ausschließlich lektüre für nichtleser: http://www.lektuere-fuer-nichtleser.de/

  4. Darf man erfahren, was für Mucke das war? Ich hab hier auch noch jede Menge Sachen auszublenden. Die nervige Adventszeit zum Bleistift.

  5. Thx, da sehe ich doch einige Schnittmengen (Keine Angst, bin kein heimlicher Briefeschreiber). Spätestens bei „Roland Kaiser – Hit-Mix 2000“ bin ich dann aber sowas von raus 🙂

  6. PS: Hab mich jetzt spontan zu ner kleinen Advents-Musi-Twitterei inspirieren lassen.. Wenn das mal gut geht.


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