Urlaub auf einem Hausboot, um ehrlich zu sein spukt das schon seit ewigen Zeiten in meinem Kopf herum. Schließlich war ich als Kind schon unheimlich gerne mit Tom Sawyer und Huckleberry Finn unterwegs – zumindest in Gedanken. Und genau da blieb er auch, mein Traum: in meinen Gedanken, in meinem Kopf. Und er wurde weiter und weiter nach hinten geschoben, denn etwas anderes schien immer zuvor zu kommen: Ein Roadtrip durch Frankreich im Polo (I know!), die Flugreise in die Karibik oder nochmal schnell, bevor das zweite Baby kommt, fremde Länder erkunden, in der Elternzeit eine
mehrwöchige Deutschland-Tour im Wohnmobil, eine Italien-
Reise mit unserem geliebten Dachzelt. Doch jetzt, unter all den aktuellen Umständen, schien der perfekte Zeitpunkt gekommen, sich nochmal nach Urlaubsmöglichkeiten in Deutschland umzusehen. Und da war sie wieder, meine Hausboot-Idee. Doch geht das überhaupt, Urlaub mit Kindern im Hausboot?
Mit Kindern im Hausboot: Unendlich schön!
Hausboot mit Kindern: Meine Bedenken
Urlaub mit Kindern im Hausboot, vor allem, wenn es zwei so kleine Wirbelwinde sind wie meine, ist das wirklich eine gute Idee? Beziehungsweise überhaupt machbar? In einem sehr freundlichen Telefonat mit
Kuhnle-Tours schilderte ausführlich meine Sorgen: Meine Jungs können nicht schwimmen, dafür klettern sie aber überall rauf, springen runter, stoßen sich ständig, rennen viel, raufen gern und toben oft. Sie sind, was man gemeinhin als „wilde Jungs“ oder „Rabauken“ bezeichnet: laut, fröhlich und außerordentlich lebhaft. Hier zuhause kann ich das gut händeln, aber auf einem Hausboot? Mit eingeschränktem Platzangebot und auf dem Wasser? Ist ein Urlaub mit MEINEN Kindern (beides Jungs, fast 6 und 3,5 Jahre) auf dem Hausboot wirklich eine gute Idee? Und wagen wir es, diese Barriere zu überwinden und uns der Herausforderung zu stellen?
Die freundliche Dame nahm sich viel Zeit für mich, ging auf meine Sorgen ein, erklärte und stand mir mit Rat und Tat zur Seite. Am Ende unseres Gespräches waren meine Bedenken nicht weg – aber immerhin ein bisschen kleiner. Und ich konnte kaum erwarten, unsere Reise anzutreten.
Die Anreise ins Hafendorf Müritz
Wir bekamen alle erforderlichen Unterlagen und das Kapitänshandbuch zugeschickt und machten uns ein paar Tage später auf den Weg nach Rechlin am Claassee, ins Hafendorf Müritz. Wir parkten auf dem zur Kuhnle Werft gehörenden Parkplatz (kostenfrei für die Dauer der Reise) und machten uns auf den Weg ins Hafenbüro. Hier wurden wir freundlich willkommen geheißen und erfuhren, wann die theoretische und praktische Einweisung und die Bootsübergabe stattfinden würden, wo es passende Rettungswesten für die Kinder gäbe (große wären an Bord) und welches Boot wir überhaupt bekämen: Renate.
Führerscheinfrei dank Charterschein
Uns machte leider das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Wir konnten natürlich unser Hausboot Renate beziehen, aber durften nicht ablegen – Sturm, Gewitter und die einbrechende Dunkelheit verhinderten das. Also räumten wir alles ein, kochten die erste Mahlzeit an Bord und verzogen uns zeitig in die gemütlichem Kojen, denn wir wollten in aller Frühe losfahren.
Volle Fahrt voraus
Nach einer ruhigen und erstaunlich erholsamen Nacht brachen wir dann endlich auf. Leinen los und volle Fahrt voraus – ab auf die Müritz und in Richtung Süden. Trotz der Probefahrt war das Steuern zunächst ziemlich gewöhnungsbedürftig. Natürlich machbar, aber absolut herausfordernd. Das Boot reagiert beispielsweise nicht unmittelbar auf das Steuern und lenkt erst nach ein paar Sekunden. Das führte wiederum dazu, dass wir eine ganze Zeitlang ein hübsches Zickzack in die Müritz kreuzten, bevor unser Kurs dann etwas geradliniger wurde. Ist aber nicht schlimm, ist schließlich genug Platz auf so einer Müritz.
Unsere Route mit dem Hausboot
Yachtcharter Römer bietet einen
Törnplaner an, den man online und kostenfrei benutzen kann. Damit erstellte ich noch Zuhause unsere Route: Wir wollten in südlicher bis Rheinsberg in Brandenburg, dann weiter östlich nach Fürstenberg an der Havel und zurück zum Hafendorf Müritz. Insgesamt wären das 122km und 12 Schleusen. Natürlich klappte das nicht wie gedacht, denn ich plante – und das habe ich scheinbar auch in beinah sechs Jahren als Mutter nicht verstanden – wie immer zu ambitioniert.
Was ich allerdings gelernt habe, ist nicht krampfhaft an Plänen festzuhalten, sondern flexibel zu bleiben und auf unsere Bedürfnisse einzugehen. Also strichen wir den Fürstenberg-Teil unserer Planung und ließen uns treiben – metaphorisch nur, für alles andere hatten wir ja einen Motor. Wir landeten so letztenendes bei 80km und 8 Schleusen. Und selbst das war für die Kürze der Zeit noch ganz ordentlich.
Sonntag: Marina Wolfsbruch und Bikowsee
Da fuhren wir nun also, verließen die Müritz in südlicher Richtung. Wir schlängelten uns flussabwärts durch den Mirower Kanal und diverse Seen, passierten vier Schleusen (Puh, das war eine Aufregung! Vor allem vor der ersten!) und freuten uns darüber, dass der Himmel von Minute zu Minute blauer wurde. Wir sahen Reiher und Enten, wahnsinnig viele Greifvögel (sogar Adler!! Da Greifvögel und insbesondere Adler bei unserem Großen ein riesiges Thema sind, hatten wir uns zu deren Bestimmung
beim NABU kostenlos eine großartige Broschüre heruntergeladen). Wir schipperten vorbei an Wassergrundstücken mit entzückenden Häusern und Badestegen, an Bootsschuppen auf Stelzen, Campingplätzen, vorbei an Feldern und durch Wälder. Wir passierten andere Yachten, Stand Up Paddeler, Kanuten und Ruderboote.
Mittag war schon vorbei, als wir durch die hölzerne Fußgängerbrücke in die Marina Wolfsbruch einliefen. Wir legten an (für’s erste Mal sogar erstaunlich okay) und ich machte mich auf den Weg ins Hafenbüro. Obwohl wir direkt einen falschen Platz angesteuert hatten (es gibt in fast jedem Hafen ausgewiesene Gästeplätze, die wir natürlich übersehen hatten), durften wir liegen bleiben. Wir schlossen das Hausboot an den Landstrom an, schälten die Jungs aus ihren Schwimmwesten und machten uns auf die Suche nach etwas Essbarem.
Mit Pizza und Schorle im Bauch ging es dann auf den Spielplatz, schließlich wollten ein paar Energien vertobt und ein paar Meter gerannt werden. Ich glaube, wir verbrachten drei Stunden an Land, bevor es wieder aufs Boot ging und wir weiterfuhren. Das Ausparken war ein Klacks (Okay, das lag daran, dass die Jungs auf dem Boot nebenan extrem hilfreiche Tipps gaben – überhaupt sind sind die Menschen in den Häfen, egal ob Hafenarbeiter oder Urlauber, sehr freundlich und hilfsbereit). Wir düsten also elegant durch die gerade noch so eng erscheinende Hafeneinfahrt zurück in den Kanal und machten uns auf den Weg zu unserem erklärten Tagesziel: dem Bikowsee.
Hier ankerten wir einsam für die Nacht – mit der Terrasse zum Schilf, Anfängerfehler. Aber wir waren froh, dass unsere beiden einigermaßen Anker gut lagen und so badeten wir eben „with a view“, bevor es abends Pasta auf der Terrasse gab. Als die Jungs in ihrem Bett lagen – sie teilten sich das Kinderschlafzimmer, das aus einem 1,20m breiten Bett (über die ganze Breite der Kabine) und einem Schrank am Fußende bestand – saßen wir noch auf der Terrasse, lauschten dem allmählich verstummenden Gezwitscher der Vögel und dem Quaken der Frösche, hörten in der Ferne ein Käuzchen schreien und beobachten Fledermäuse und eine Eule, die lautlos über das Wasser schwebten.
Nach einem entspannten Frühstück in der Sonne und einem fröhlichen Badespaß im Anschluss lichteten wir die Anker und fuhren weiter. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was das für ein unbeschreiblich tolles Gefühl ist… Endorphine am Anschlag. Hach!
Montag: Rheinsberg und Zootzensee
Unsere Fahrt verlief unaufgeregt und schleusenlos weiter. Ausgerüstet mit Fernglas und Törnatlas durchfuhren wir den Repenter Kanal und den großen Rheinsberger See bis zum Grienericksee, an dessen südöstlichem Ufer die Brandenburger Kleinstadt Rheinsberg liegt. Dort legten wir gegen Mittag an – diesmal sogar auf den Gästeplätzen. Anmelden beim Hafenmeister, Anschluss des Landstoms, das Schiff abschließen und los.
Wir bestaunten das Rheinsberger Schloss, spazierten im herrlichen Schlosspark umher und suchten uns schließlich etwas zum Mittag. Nach ausführlichem Toben mit mehrerern Wettläufen und einem fancy Eis von der
Eiszauberei ging es zurück zum Schiff. Es war inzwischen 16 Uhr und wir wollten nicht zu spät ankern, um vor dem Essen noch baden zu gehen und den Tag nicht nur auf dem, sondern im Wasser ausklingen zu lassen.
In den vielen Buchten der Mecklenburger Kleinseen ist es nicht schwer, schöne Plätze zum Übernachten zu finden. Unsere Wahl fiel diesmal auf eine kleine Bucht im Zootzensee. Das Echolot an Bord half, die richtige Tiefe auszumachen und diesmal standen wir auch schulbuchreif mit der Terrasse zum See – ein Traum.
Nach dem Schwimmen (völlig unproblematisch über eine Badeleiter vom Achterdeck des Hausbootes oder per Hechtsprung) und dem Essen brachten wir die Jungs ins Bett. Nach so einem Tag auf dem Boot mit Entdeckungstour durch ein Städtchen und Planscherei am Ende schliefen sie gut ein.
Und nicht nur das, sie schliefen auch – und das ist wirklich erstaunlich – komplett durch. Vom ins Bett gehen bis zum Morgen in ihrer Koje. Ob das nun daran lag, dass sie sich ein Geschwisterbett teilten und die Nähe des anderen spürten (beide Kinder sind sehr nähebedürftig und landen nahezu jede Nacht früher oder später mit bei uns im großen Bett) oder daran, dass das Boot (wirklich!) kaum merklich schaukelte, ich weiß es nicht. Fakt ist aber, dass vor allem der Kleinere von beiden Zuhause noch nie (!!!) von abends bis morgens in seinem eigenen Bett blieb. Auf dem Boot war das scheinbar kein Problem.
Dienstag: Mirow und Kleine Müritz
Am nächsten Morgen ließen wir uns nicht so lange Zeit und machten uns nach einem Müsli in der Sonne wieder auf den Weg. Wir wollten etwas Strecke zurück legen und erst in Mirow einen Stop einlegen. Dort wollten wir Abwasser ablassen, frisches auffüllen und den Nachmittag verbringen. Anschließend wollten wir weiter fahren bis zur Kleinen Müritz. Wir hatten unser Herz verloren an das Ankern über Nacht uns wollten nicht in einem Hafen schlafen. Vor allem aber wollten wir noch nicht wieder zurück zu unserer Basis. Auch, wenn die Rückgabe des Schiffes schon um 8:30 Uhr morgens stattfinden sollte, wir wollten jede Minute dieses kleinen Glücks auf dem Wasser genießen..
Dank des Törn Atlases wussten wir, welche Marina wir ansteuern mussten. Zurück ging es also über Seen, durch Kanäle und Schleusen zu dem Hafen unserer Wahl: Der Yachthafen Mirow mit dem Bootsservice Rick & Rick. Ein wirklich netter Mitarbeiter half uns beim Auspumpen des verbrauchten Wassers und des Fäkaltanks (klingt so fies, aber ist wirklich, wirklich total unkompliziert und gar nicht der Rede wert – ehrlich!) und beim Auffüllen unseres Frischwassertanks. Das Ganze dauerte insgesamt nur etwa 20 Minuten, dann legten wir wieder ab, um etwas südlicher beim Strandrestaurant Mirow und dem anliegenden Freibad eine „richtige“ Pause einzulegen.
Mit vollen Bäuchen und vom Baden erfrischt brachen wir gegen 17:30 Uhr auf. Zunächst sollte die letzte Schleuse, das technischen Denkmal „Schleuse Mirow“ noch passiert werden – diesmal waren wir die einzigen, die geschleust wurden. Danach ging es weiter bis in die Kleine Müritz, wo wir neben ein paar anderen Booten und Yachten nahe einer kleinen Insel festmachten.
Das Baden zählte inzwischen schon zu unseren Abendritualen, also ging es nochmal ins kühle Nass. Die Wassertemperatur lag bei 22 Grad, es war einfach herrlich. Anschließend aßen wir wieder auf der Terrasse und staunten bei Rührei und Stulle über tanzende und jagende Greifvögel (es ist einfach unbeschreiblich, wenn da plötzlich relativ nah ein Adler vorbei fliegt oder zwei Milane „tanzen“) und den allerschönsten Sonnenuntergang, den man sich wünschen kann.
Etwas wehmütig schauten wir in den funkelnden Sternenhimmel und wollten überhaupt nicht schlafen gehen, denn der Morgen würde ja das Ende unserer schönen Reise bedeuten…
Mittwoch: Zurück zur Marina Claassee
Wir standen früh auf, sehr früh, zu früh. Aber es lag ja noch eine knappe Stunde Fahrzeit vor uns und da wir versäumt hatten, die Endreinigung zu buchen, mussten wir wohl oder übel noch ran. Das Gute am frühen Losfahren ist, dass noch (fast) niemand sonst unterwegs ist. Hier und da steht ein Angler auf seinem Boot, ansonsten ist es aber herrlich ruhig und man ganz ungestört seinem Weg nachgehen.
Wir kamen gut zurück ins Hafendorf Müritz, rechtzeitig, um das Boot zu entladen und gereinigt wieder zu übergeben. Ich war traurig und mir blutete das Herz – ich wollte nicht zurück. Ich war doch noch gar nicht fertig mit dem Urlaub auf unserem Hausboot! Fest stand, wir würden wieder kommen…
Von Adlern, Reihern und springenden Fischen
Was uns zutiefst beeindruckt hat, ist die Ursprünglichkeit der und die Nähe zur Natur, die man mit den Kindern auf einem Hausboot erleben darf. Wir badeten im klarsten Wasser, von spiegelglatt bis wellig war alles dabei. Reiher und Kraniche wateten am Ufer entlang, Enten und Schwäne kamen mit ihren Babies ganz nah. Kröten schwammen an uns vorbei, wir beobachteten kleine und große springende Fische, unzählige Fledermäuse und eine Eule. Wir entdeckten unglaublich viele Greifvögel (die
kostenlose NABU Broschüre zum Greifvögel erkennen ist super!) und sogar Adler. Wir hörten Kuckucks, Nachtigallen, Uhus und das Gezwitscher von hundertern Vögeln. Wir zählten Libellen, rochen Holunder, bewunderten Getreidefelder, die von Mohn und Kornblumen gesäumt wurden und staunten über Seerosen. Hach, Flora und Fauna der Mecklenburger Seenplatte sind wirklich ein Traum.
Was ich beim nächsten Hausbooturlaub mit Kind anders machen würde
Wie ich vorne schon schrieb, unsere Planung war zu ambitioniert. Es kommt ja gar nicht darauf an, in kurzer Zeit möglichst viel zu sehen. Urlaub mit dem Hausboot ist etwas ganz besonderes und definitiv ist der Weg auch das Ziel. Beim nächsten Mal würde ich also weniger weit fahren. Ich würde kürzere Strecken planen, wir würden uns mehr „treiben lassen“ und in einsamen Buchten mehr Zeit mit Baden, Entspannen und „einfach nur sein“ verbringen.
Und ich würde weniger einpacken. Ich hatte – aufgrund der Erfahrungen
mit dem Wohnmobil und
dem Dachzelt – unseren halben Hausstand eingepackt. Die Boote von
Kuhnle-Tours und
Yachtcharter Römer, zumindest mal unsere Renate, sind phänomenal gut ausgestattet – von Bettwäsche über Handtücher, sämtliche Küchenutensilien und sogar Kerzen oder Bücher war alles da, was wir gebraucht haben oder hätten können. Bevor ich also das nächste Mal alles einpacke, werde ich mich vorher nach der vorhandenen Ausstattung erkundigen.
Mit Kindern im Hausboot: Unser Fazit
Ich hab es ja eingangs schon gesagt und hach, ich werde nicht müde, es wieder und nochmal und erneut zu wiederholen: Unser Kurzurlaub mit Kindern auf dem Hausboot zählt zu den schönsten Erlebnissen und Erfahrungen, die wir bisher machen durften.
Erinnert ihr euch an die Badeinseln in Badeseen, die man als Kind schon so gut fand? Urlaub in einem Hausboot ist im Prinzip, als hätte man jetzt genau so eine eine Badeinsel für sich allein. Nur, dass man damit noch fahren kann, wohin man möchte und auf ihr übernachten kann – und das sogar ziemlich luxuriös und bequem.
Wir sind jedenfalls deeply in love und überlegen schon, wann es für uns das nächste Mal „Leinen los und ablegen“ heißen kann…
Kommt für euch ein Urlaub mit Kindern auf einem Hausboot in Frage?
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