Das „Warte kurz, ich setz mich fix hin und schreib ein paar Zeilen…“ dauert diesmal inzwischen schon mehr als drei Tage. Eigentlich, ja eigentlich wollte ich diese Zeilen hier längst vorbereitet haben, Fotos gemacht und bearbeitet… Denn dass der 14. auch im Juli kommen wird, ist ja nun echt keine Überraschung. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, komme ich zur Zeit nicht mal dazu, meinen Insta Feed zu durchscrollen oder auch nur auf ne Nachricht bei Whatsapp zu antworten. Zähne putzen klappt immer, duschen ist an den meisten Tagen auch noch drin aber Haare waschen? Heureka Trockenshampoo, dreimal hoch!
„Völlig fertig und irre glücklich„, dieser Buchtitel verdient einen Oscar. Mindestens. Und ist dabei noch untertrieben. Irre glücklich? Manchmal platzt mir das Herz vor Glück (und mit manchmal meine ich eigentlich jedes Mal, wenn ich einen meiner Jungs ansehe, ihre langen Wimpern, fröhlich-verschmitzen Augen, ihre weiche Haut, die feinen Haare). Ich merke richtig, wie das Oxytocin durch meine Venen schießt, eine Woge unglaublicher, echter Liebe überrollt mich und fließt durch meine Arme und Beine bis ganz in die Finger- und Zehenspitzen. Und manchmal bekomme ich dann sogar eine kleine Gänsehaut. Und meine Nackenhärchen stellen sich auf.
Aber ich bin völlig fertig, hundemüde, durch. Mein Kopf ist ganz erschöpft, ich kann mir gar nichts merken, vergesse Termine und was ich dringend noch erledigen wollte. Ich habe, abgesehen von ein paar verblassten Polaroidmomenten fast keine Erinnerung mehr an die ersten drei, vier Lebensmonate des Kleinen. Mein Gehirn hat das einfach komplett ausgeblendet, geblitzdingst. Ich fühle mich betrogen um diese Zeit, die man doch eigentlich hormonüberladen, kuschelnd und verliebt lächelnd verbringen sollte. Ein kleines bisschen über der Realität, schwebend. Ich bin zerstreut und irgendwie ganz abwesend. Nicht nah am Wasser, sondern knöcheltief drin. Aber nicht nur der Kopf, auch mein Körper macht schlapp. Ich sacke mir einen Infekt nach dem nächsten auf, verliere strähnenweise Haare, schleiche durch die Gegend und bin so matt, dass ich abends manchmal nicht mal mehr meine Arme heben kann. Und ich hab Rücken. Und Schulter. Und Fuß. Und alles.
Hand aufs Herz – ich habe dieses neue Leben, das Leben mit zwei Kindern, komplett unterschätzt. Ich habe gedacht, das zweite Kind würde schon irgendwie so nebenher laufen, ob man jetzt ein oder zwei Kinder wickelt/anzieht/füttert macht doch auch keinen großen Unterscheid und irgendwie sei ich ja schließlich in dieser ganzen Kind-haben-Sache mittlerweile schon ziemlich versiert. Und routiniert. Ich hab einfach nicht gesehen, dass der Große eigentlich auch noch klein ist, noch nicht mal 3, und auch noch ganz viel Begleitung und Unterstützung braucht. Habe nicht wahrhaben wollen, dass so wenig Schlaf eben doch Spuren hinterlässt und das mit dem Stillen nicht ganz von alleine klappt, nur, weil man es ja vielleicht schon mal gemacht hat. Dass sich Sorgen mehr als verdoppeln und Nerven erst ganz leise anreißen, bis der ganze Strang dann irgendwann völlig unerwartet mit einem lauten Knall zu Boden geht. Dass mit zwei kleinen Kindern ein bisschen Alleinezeit, also nur mal ich mit mir, vielleicht ein Schwimmbecken, eine Sauna oder auch nur mal nur ne Couch (oder ein Bett!) noch schwieriger einzurichten sind als vorher.
Und doch würde ich es genau so auch noch einmal machen. Ich hab nämlich auch unterschätzt, wie schön diese neue Leben ist. Wenn sie sich beispielsweise morgens erst einmal ganz fest an mich kuscheln, bevor sie die Augen aufmachen. Ihre kleinen Nasen an meine Haut oder in meine Haare pressen, den Kopf auf meine Brust legen, meinem Herzschlag lauschen. Mich anlachen, mit ihren Mündern, mit ihren Augen, ihrem alles. Die Freude, die ihre ganzen kleinen Körper ausstrahlen, wenn sie mich sehen, selbst, wenn ich nur ganz kurz weg war. Wenn meine pure Anwesenheit sie beruhigt und ihnen Kraft gibt. Sie sich in meiner Nähe so sicher fühlen, dass sie über sich hinaus wachsen und erste Bewegungen, Drehungen, Schritte wagen, immer und immer wieder. Sie mich nicht in Frage stellen und mir blind vertrauen. Ihnen das Drumherum egal ist, solange ich an ihrer Seite bin. Oder sie auf meinem Arm. Diese bedingungslose Liebe, die jeden Tag noch ein bisschen stärker wird, von allen Seiten. Ob sich Liebe verdoppeln kann hatte ich mich gefragt, als ich noch schwanger war. Inzwischen weiß ich, sie verdoppelt sich nicht, sie potenziert sich.
Liebst,
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