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Happy Halbgeburtstag, Kleiner! Gedanken zu sechs Monaten zu viert

Das „Warte kurz, ich setz mich fix hin und schreib ein paar Zeilen…“ dauert diesmal inzwischen schon mehr als drei Tage. Eigentlich, ja eigentlich wollte ich diese Zeilen hier längst vorbereitet haben, Fotos gemacht und bearbeitet… Denn dass der 14. auch im Juli kommen wird, ist ja nun echt keine Überraschung. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, komme ich zur Zeit nicht mal dazu, meinen Insta Feed zu durchscrollen oder auch nur auf ne Nachricht bei Whatsapp zu antworten. Zähne putzen klappt immer, duschen ist an den meisten Tagen auch noch drin aber Haare waschen? Heureka Trockenshampoo, dreimal hoch!

Völlig fertig und irre glücklich„, dieser Buchtitel verdient einen Oscar. Mindestens. Und ist dabei noch untertrieben. Irre glücklich? Manchmal platzt mir das Herz vor Glück (und mit manchmal meine ich eigentlich jedes Mal, wenn ich einen meiner Jungs ansehe, ihre langen Wimpern, fröhlich-verschmitzen Augen, ihre weiche Haut, die feinen Haare). Ich merke richtig, wie das Oxytocin durch meine Venen schießt, eine Woge unglaublicher, echter Liebe überrollt mich und fließt durch meine Arme und Beine bis ganz in die Finger- und Zehenspitzen. Und manchmal bekomme ich dann sogar eine kleine Gänsehaut. Und meine Nackenhärchen stellen sich auf.

Aber ich bin völlig fertig, hundemüde, durch. Mein Kopf ist ganz erschöpft, ich kann mir gar nichts merken, vergesse Termine und was ich dringend noch erledigen wollte. Ich habe, abgesehen von ein paar verblassten Polaroidmomenten fast keine Erinnerung mehr an die ersten drei, vier Lebensmonate des Kleinen. Mein Gehirn hat das einfach komplett ausgeblendet, geblitzdingst. Ich fühle mich betrogen um diese Zeit, die man doch eigentlich hormonüberladen, kuschelnd und verliebt lächelnd verbringen sollte. Ein kleines bisschen über der Realität, schwebend. Ich bin zerstreut und irgendwie ganz abwesend. Nicht nah am Wasser, sondern knöcheltief drin. Aber nicht nur der Kopf, auch mein Körper macht schlapp. Ich sacke mir einen Infekt nach dem nächsten auf, verliere strähnenweise Haare, schleiche durch die Gegend und bin so matt, dass ich abends manchmal nicht mal mehr meine Arme heben kann. Und ich hab Rücken. Und Schulter. Und Fuß. Und alles.

Hand aufs Herz – ich habe dieses neue Leben, das Leben mit zwei Kindern, komplett unterschätzt. Ich habe gedacht, das zweite Kind würde schon irgendwie so nebenher laufen, ob man jetzt ein oder zwei Kinder wickelt/anzieht/füttert macht doch auch keinen großen Unterscheid und irgendwie sei ich ja schließlich in dieser ganzen Kind-haben-Sache mittlerweile schon ziemlich versiert. Und routiniert. Ich hab einfach nicht gesehen, dass der Große eigentlich auch noch klein ist, noch nicht mal 3, und auch noch ganz viel Begleitung und Unterstützung braucht. Habe nicht wahrhaben wollen, dass so wenig Schlaf eben doch Spuren hinterlässt und das mit dem Stillen nicht ganz von alleine klappt, nur, weil man es ja vielleicht schon mal gemacht hat. Dass sich Sorgen mehr als verdoppeln und Nerven erst ganz leise anreißen, bis der ganze Strang dann irgendwann völlig unerwartet mit einem lauten Knall zu Boden geht. Dass mit zwei kleinen Kindern ein bisschen Alleinezeit, also nur mal ich mit mir, vielleicht ein Schwimmbecken, eine Sauna oder auch nur mal nur ne Couch (oder ein Bett!) noch schwieriger einzurichten sind als vorher.

Und doch würde ich es genau so auch noch einmal machen. Ich hab nämlich auch unterschätzt, wie schön diese neue Leben ist. Wenn sie sich beispielsweise morgens erst einmal ganz fest an mich kuscheln, bevor sie die Augen aufmachen. Ihre kleinen Nasen an meine Haut oder in meine Haare pressen, den Kopf auf meine Brust legen, meinem Herzschlag lauschen. Mich anlachen, mit ihren Mündern, mit ihren Augen, ihrem alles. Die Freude, die ihre ganzen kleinen Körper ausstrahlen, wenn sie mich sehen, selbst, wenn ich nur ganz kurz weg war. Wenn meine pure Anwesenheit sie beruhigt und ihnen Kraft gibt. Sie sich in meiner Nähe so sicher fühlen, dass sie über sich hinaus wachsen und erste Bewegungen, Drehungen, Schritte wagen, immer und immer wieder. Sie mich nicht in Frage stellen und mir blind vertrauen. Ihnen das Drumherum egal ist, solange ich an ihrer Seite bin. Oder sie auf meinem Arm. Diese bedingungslose Liebe, die jeden Tag noch ein bisschen stärker wird, von allen Seiten. Ob sich Liebe verdoppeln kann hatte ich mich gefragt, als ich noch schwanger war. Inzwischen weiß ich, sie verdoppelt sich nicht, sie potenziert sich.

Happy Halbgeburtstag, Kleiner. Seit sechs Monaten bist du heute bei uns und bereicherst uns jeden Tag. Du treibst uns an und entschleunigst uns gleichzeitig. Zeigst uns, was wirklich zählt und worauf es eigentlich ankommt. Du komplettierst uns. Wir sind so froh, dass es dich gibt.
 
 

Liebst,

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Oh hi, Depression – eine Diagnose kommt selten allein

Oh hi, Depression – eine Diagnose kommt selten allein

Da steht sie plötzlich, schwarz und fett auf einem blassrosa Papier, die Tinte ein bisschen verschwommen. Eine Abkürzung, die mir die Tränen in die Augen schießen lässt – genau jetzt und unzählige Male in der letzten Zeit, immer wieder, ungebremst rückwärts bergab und keine Chance, die Bremse zu ziehen.

F32.2 steht da nun, der ICD-10 Code für „schwere depressive Episode“. Schwarz. Und fett. Auf blassrosa Papier. Die Tinte ein bisschen verschwommen. Wie das, was F32.2 mit mir macht. Der Grund dafür, dass ich mich in den letzten Wochen so elend fühlte. Und gleichermaßen die Erklärung, warum ich zu kraft- und machtlos war, auch nur ansatzweise etwas dagegen zu tun. „Die schlechte Laune“ in den Griff zu bekommen, mich mal „n bisschen zusammenzureißen“. Hab an mir gezweifelt, bin an mir verzweifelt und hab einfach immer noch ein bisschen mehr gegeben. Hab mich infrage gestellt, mir mein Empfinden verboten und mich selbst verloren zwischen „Lächel doch mal, ist doch halb so wild“!, „Läuft doch bei dir, du hast, was du brauchst!“ und „Glaub ich nicht, du bist doch fröhlich und stark“.

Ich hab’s ja nicht mal gemerkt. Hab’s nicht gesehen, nicht hingeschaut. War zwar hart gestresst und irre erschöpft, aber zugeben? Niemals. Ich doch nicht, ich muss funktionieren. Ist doch halb so wild, ich hab doch, was ich brauche. Vielleicht fiel mir das Aufstehen schwer, noch ein kleines bisschen schwerer als sonst. Und das Anfangen, das Dranbleiben. Das Aufhören? Erst recht. Und das Gefühl? War zu gewohnt, ein alter Bekannter, schon oft zu Besuch. Also Tunnelblick-Modus, mit Scheuklappen auf. Weil, mit Augen zu, ist das Monster doch weg?

Nun, ist es nicht, ob ich will oder nicht, sitzt groß und schwer auf meiner Brust. Lässt mich nicht atmen, lähmt mich, erdrückt mich förmlich mit seiner Last. 

Doch ich hab’s jetzt entdeckt, sein Versteck ist bekannt. Ich hab’s ausgehoben, das Biest erkennbar gemacht. Ich kenne seinen Namen, seine Gestalt, seinen Plan. Und den werde ich durchkreuzen, irgendwann. Nicht heute und nicht morgen, aber dass, das ist klar. Und irgendwann bin ich dann wieder da. Und was mich trägt, ist die Hoffnung darauf. Ich bin zwar gefallen, doch ich steh wieder auf.

Liebst,

It's okay to be not okay. Ok. I am not.

It's okay to be not okay. Ok. I am not.

It’s okay to be not okay.
Ok. I am not.

Das Meer ist ganz ruhig, ganz glitzernd und spiegelt, es schwimmt sich ganz easy, routiniert geht’s voran.

Von Strömungen, die sich da langsam aufbauen und heimlich ganz stark werden, merkt man vorerst nichts. Nur vielleicht, dass man plötzlich ein bisschen mehr Kraft braucht, um das Tempo zu halten, das man sonst von sich kennt.

Man kommt weiter gut vorwärts, glaubt: Man, ach, das geht schon! Denn irgendwie geht es ja weiter voran. „Ich stell mich nur an grad, ich bin einfach müde, dann geht es heute eben bisschen früher ins Bett.“

Dass die Strömungen inzwischen Strudel wurden, die alles gierig und stark alles in den Abgrund ziehen, die reißen und tosen, die wüten und rauschen, das bleibt verborgen, das sieht man schlicht nicht.

Man schwimmt einfach weiter, mehr Kraft noch, das geht schon, das Meer scheint doch ruhig und der Himmel noch blau. Doch der Strudel, der wildert beharrlich nach unten, mehr Kraft noch, mehr Sog folgt, dann zu viel und zu laut.

Bis man – viel zu spät dann – endlich realisiert, dass gar nichts mehr rund läuft und man nicht mehr kann.

Blöd nur, dass die Kraft da schon lang nicht mehr ausreicht, um zurück zu kommen und nicht unterzugehen.


Warum ich das schreibe, das öffentlich mache? 
Weil ich nicht okay bin.
Und das ist okay.

Und weil’s mir so schwerfällt, darüber zu sprechen, weil ich das schlichtweg einfach (noch) nicht so gut kann. Doch es musste mal raus jetzt und es scheint so viel leichter, die Worte zu schreiben, die ich nicht aussprechen kann. Sie mir einzugestehen und sie mir zu erlauben, das ist ein Anfang. Der Weg ist lang, doch das Ziel ist das Ziel. Und wenn ich da ankommen, dann will ich wieder ich sein. Und wieder ich werden? Da arbeite ich jetzt dran.

Liebst,

Auch das noch: Ich hab AD(H)S als Erwachsene

Auch das noch: Ich hab AD(H)S als Erwachsene

Keine Ahnung, ob du es vielleicht schon bei Instagram verfolgt hattest oder ob das hier jetzt komplett neu ist: Ich habe AD(H)S, das erst kürzlich bei mir diagnostiziert wurde.. Ein bisschen was habe ich schon dazu erzählt und geschrieben, aber irgendwie ist das nicht nur ein Thema für Instagram, sondern auch für hier  und ich glaube, deswegen werde ich jetzt nach und nach auch auf meinem Blog darüber schreiben. 

Pünktlich zum Mental Health Day am 10. Oktober war es jedenfalls so weit: Wochenlang hatte ich überlegt, ob ich in der Öffentlichkeit überhaupt darüber sprechen möchte, und plötzlich war es ganz klar: Die Zeit des Versteckens muss vorbei sein, wir müssen über Dinge sprechen, wenn wir sie ändern, wenn wir sie enttabuisieren wollen. 

Seit immer schon versuche ich, meine „Schwächen“ zu verstecken, meine „Makel“ und Eigenschaften, die ich mir immer weggewünscht habe und ständig versucht, zu maskieren. Ich hab weder über den Burnout gesprochen, der mich vor etwa 10 Jahren in die Knie zwang, noch über die Therapien, die ich gemacht habe, geschweige denn von all den anderen Dämonen, mit denen ich hin und wieder kämpfe.

Und auch meine neuste „Errungenschaft“, AD(H)S – spätdiagnostiziert im Erwachsenenalter – wollte ich erst weder wahrhaben noch darüber reden. Ich weiß seit einer kleinen Weile, dass ich ADHS habe. Irrsinnig viel erklärt sich dadurch, und dennoch ist es noch schwer zu fassen. Ich stehe am Anfang, aber ich bin auf dem Weg. Und ich werde drüber sprechen. Weil endlich Schluss sein muss mit dem Maskieren – und zwar in jegliche Richtung.

Und jetzt entschuldige mich, mein Mutausbruch macht mir Angst, ich muss mir mal kurz die Decke über den Kopf ziehen. 🙈

Falls du jetzt aber Lust  bekommen hast, mehr darüber zu hören, dann here some good news. Wir haben für den Mamsterrad-Podcast mit den AD(H)S-Expertinnen Dr. Ismene Ditrich, Fachärztin für Psychologie und Psychiatrie, und Dr. Christa Koentges, Psychologin und Psychotherapeutin, über AD(H)S im Erwachsenenalter und insbesondere bei Frauen gesprochen. Die ganze Podcastfolge gibt es hier:

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Weitere Informationen

Wenn dich das Thema „AD(H)S im Erwachsenenalter“ interessiert, habe ich hier noch ein paar wirklich tolle Buchtitpps für dich:

„Die Welt der Frauen und Mädchen mit AD(H)S“

Frauen und Mädchen mit AD(H)S erhalten viel seltener eine Diagnose als Männer und Jungen, denn ihre Symptome fallen weniger stark auf: Betroffene Frauen und Mädchen sind weniger hyperaktiv, dafür verträumt, unaufmerksam und vergesslich. Die zu späte oder fehlende Diagnose kann weitreichende Folgen haben: Der Leidensdruck bleibt meist über Jahrzehnte bestehen, schadet ihrem Selbstwertgefühl und zieht Folgeerkrankungen nach sich.

Die vier Expertinnen der Freiburger Arbeitsgruppe AD(H)S leisten in diesem Buch wichtige Aufklärungsarbeit für Frauen mit AD(H)S sowie für Eltern betroffener Mädchen. Mit vielen Einblicken aus der Forschung, Fallgeschichten, Reflexionen und Übungen zur Selbsthilfe zeigen sie konkrete Wege auf, wie Betroffene mit ihrer Besonderheit Frieden schließen, ihre vielen Stärken entdecken und gut mit AD(H)S leben können.

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„Hirngespinste: Mein Leben mit ADHS“

Sätze wie „Ein bisschen ADHS hat doch jeder.“, „ADHS gibt es doch gar nicht.“ oder „ADHS haben doch nur kleine Jungs.“ gehören für Lisa Vogel zum Alltag. Wie es ist, als erwachsene Frau mit ADHS zu leben, welchen Vorurteilen man ausgesetzt ist und was im Alltag hilft, davon handelt dieses Buch.

Lisa räumt mit Mythen rund um die Stoffwechselstörung im Gehirn auf. Denn nicht jede/r mit ADHS ist ein zappeliges Kind, schlecht in der Schule oder auffällig im Erwachsenenalter. Mit ihrer späten Diagnose begann ihre Reise zu sich selbst, aus der ihr Wunsch erwuchs, andere auf dieser Reise zu begleiten, ihnen Verständnis zu schenken und sie vor Selbstzweifeln zu schützen.

Aktuelle Erkenntnisse und Studien zum Thema ADHS bei Erwachsenen runden das Buch ab.

BUCH…

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