Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir fällt es zunehmend schwerer, einfach mal kurz an nichts zu denken. Egal ob ich morgens aufstehe, schon unterwegs bin, arbeite, abends auf der Couch sitze oder im Bett liege und aufs Einschlafen warte, mein Kopf ist nie so ganz bei nur einer Sache. Er steht einfach nicht still und rattert ächzend und knarzend vor sich hin. Was muss noch auf die Einkaufsliste und wo geht’s eigentlich in den Urlaub hin? Wann sind die nächsten U-Termine für die Jungs fällig, ist noch genug Wechselwäsche in der Kita, dann der Anruf bei der Bank oder Krankenkasse oder das Geburtstagsgeschenk für Oma Erna – es sind auch schlichtweg zu viele Sachen, an die wir Eltern denken oder die eigentlich immer erledigt werden müssen. Mit irgendwas irgendwann mal wirklich fertig sein? Das kommt doch so gut wie gar nicht mehr vor.
Mental Load ist, wie das dieser Tage genannt wird – die totale und ständige Überlastung des Hirns. Unsichtbar, aber höchst bedrohlich, weil immer da, kein Land in Sicht. Und je mehr Aufgaben dazu kommen, je schneller sich das Mamsterrad dreht, desto lauter wird der Kopf und desto schwerer fällt es, ihn einfach mal abzuschalten.
Wie Don Quijote gegen Mental Load
Woher ich das weiß? Klar, ich kenne die Mental Load Theorie. Aber viel ernüchternder ist: Weil ich es selbst genauso erlebe. Wieder und wieder. Denn obwohl mir dieses „Phänomen“ gut bekannt ist, obwohl ich in einer „aufgeklärten und gefühlt gleichberechtigten“ Beziehung lebe, obwohl mein Mann mir häufig sagt, wir müssten mal anders verteilen, ich soll priorisieren und „manches auch einfach mal gut sein lassen“, kämpfe ich regelmäßig gegen diese Windmühlflügel, die sich nach einiger Zeit immer wieder auf’s Neue heimlich zu drehen beginnen. Kämpfe gegen das dauerhafte „on sein“ und das ständige Denken an alles. Bemühe mich, den Überblick zu behalten, aber Teile fehlen, verschwinden, entfallen mir. Versuche, dennoch alles zusammen zu setzen, aber komme nicht voran. Klammere mich an dutzende Notizzettel und To-Do-Listen, vergesse meine Have-Done-Listen und verzweifle. Haste, stolpere, fluche und falle in Löcher, noch tiefer und schwärzer als meine Stimmung dann ist.
Übrigens: Der Mamsterrad Podcast beschäftigt sich mit auch mit dem Thema Mental Load.
Folge 15: Mental Load: Warum bin ich immer so erschöpft?
Folge 16: Was ist Mental Load und wie komme ich da wieder raus?
Schon gehört?
Ein selbstgemachtes Problem
Dabei frage ich mich, ob das Problem möglicherweise „nur“ ein selbstgemachtes ist. Klammere ich mich zu sehr an Aufgaben, weil ich „immer perfekt sein“ will? Sind es die hohen Ansprüche an mich selbst, die mich immer wieder überfordern und straucheln lassen? Will ich zuviel, mehr, als nötig ist? Muss ich das Priorisieren lernen und die Fähigkeit, Dinge auch erst mal liegen oder schlimmstenfalls gegen die Wand fahren zu lassen? Warum kann ich nicht nein sagen, bürde mir immer noch mehr Aufgaben auf? „Ach komm, ich mach das, das schaff ich noch.“ Und vor allem: Sollte ich mich genauer reflektieren, scheint mir das Problem der Überlastung vielleicht ärger, als es in Wirklichkeit ist? Was würde ich mir raten, wenn ich meine Freundin wär? Und bin ich wirklich die Einzige in unserer Familie, die „das Dilemma“ hier in den Griff bekommen kann?
Abgeben können und abgeben wollen
Eine meiner größten Schwierigkeiten nach dem auch mal „Nein!“ sagen ist vermutlich das Loslassen. Denn verteilen wir hier die Aufgaben um oder gebe ich welche ab, dann sind sie eben nicht automatisch aus meinem Sinn. Müssen Termine vereinbart werden, halte ich nach, ob das geschehen ist. Fällt das Besorgen eines Geburtstagsgeschenkes in seinen Bereich, erinnere ich regelmäßig, weil ich am Ende nicht ohne Dastehen will. Ich frage, halte, fasse nach und kann mich auch nach Abgeben der Aufgabe nicht richtig von ihr trennen. Warum ist das so? Warum rattert mein Kopf so unaufhörlich weiter wie ein Duracell Häschen auf zu viel Red Bull?
Lernen, den Kopf auszuschalten
Und all das wäre sicherlich nur halb so dramatisch, wenn ich mir ausreichend Pausen einräumen würde. Und zwar nicht hin und wieder und solange die Aufgaben überschaubar sind. Vor allem in den Zeiten, in denen das Rad sich zu überschlagen scheint, in denen sich die Aufgaben türmen und das Nachkommen unmöglich ist, in denen das gewohnte Gefüge und eingespielte Zahnradsystem aus dem Takt kommen, weil Krankheit oder Unvorhergesehenes sich eben nicht planen lassen, ist es noch wichtiger als sonst, sich regelmäßig kleine Pausen einzuplanen. Pausen, die den Körper verschnaufen lassen. Pausen, die dem Kopf eine Auszeit gönnen. Aber hey, was soll’s ich bin doch multitasking-fähig. Oder?
Multitasking, ein Ammenmärchen
Den Kopf austricksen
Also habe ich nach Möglichkeiten gesucht, mit denen es klappen könnte, diesen Kreis zu durchbrechen. Aktivitäten, die meinen Kopf so ablenken, dass er sich geschlagen geben muss und das Rattern für kurze Zeit mal in nur eine Bahn lenkt. Inzwischen habe ich verschiedene Aktivitäten gefunden und einige Zeit getestet, die für mich tatsächlich ganz gut funktionieren und manchmal sogar eine beinahe meditative und sehr entspannende Wirkung haben.
Hello, ihr Retterchen, schön, dass ihr da seid:
1. Puzzle Party
Ich dachte ja, ich sei kein Puzzle Freund – haha, möp, falsch gedacht. Wo ich anfangs vermutet hatte, dass mir einfach die Geduld fehlen würde, kann ich inzwischen nahezu eintauchen in die Welten der Nupsis und Beulen aka Nasen und Löcher – wie das im Fachjargon richtig zu heißen scheint. Ein 100-Teile-Puzzle war im Nu zusammengesetzt, also habe ich mich (okay, zusammen mit meiner Familie) an ein 1.000er Puzzle gewagt. Und ich muss sagen: Nicht nur meine Geduld und der Spaß an dieser fisseligen Sache haben mich überrascht, sondern auch der Eifer, mit dem wirklich die ganze Familie (und auch Freunde, die in der Zeit zu Besuch waren) gemeinsam bei der Sache waren.
Hier sind ein paar Motive, die ich bereits gelegt habe oder die als nächstes auf meiner Wunschliste stehen:
2. Stricken, sticken, Handarbeit
Hallo Pinterest, du tolles Ding, jetzt zeig mal, was du kannst! Um ehrlich zu sein und psssst, verratet es bitte nicht weiter: Pinterest ist eine Zeitmaschine. Da will man nur kurz einmal schnell was schauen, zack, ist es Stunden später und der Abend ist rum. Zu verlockend sind all die schönen Ideen und Bilder, zu vielfältig all die Möglichkeiten. Aber Obacht, Punkt 2 heißt ja nicht „Fröhliches Pinnen“. Ihr sollt die Bildersuchmaschine lediglich als Inspiration benutzen. Sucht euch aus, was ihr schön findet und längst schon mal probieren wolltet und baut es nach. Eine Makramee-Blumenampel knüpfen, euch im Handlettering versuchen, Punchneedle Sticken, Stricken oder Häkeln – sind die Finger beschäftigt, ist das Gehirn es auch. Ihr müsst all die hübschen Stückchen nicht in einem Rutsch fertigstellen. Aber etwas Schönes selbst anzufertigen, auch, wenn gut Ding Weile ganz sicher haben will, macht wirklich Spaß und lässt die Gedanken mal frei.
3. Sudoku Sause
Tatsächlich war ich beim Aufkommen der Sudokus vor etlichen Jahren schon mal kurz von der Sucht befallen. Was soll ich sagen – ich bin rückfällig geworden. Ob klassisch in der Zeitung (das ist dieses Ding aus Papier, dass man am Späti kaufen kann) oder als App auf dem Smartphone – das Sudoku schafft tatsächlich, das Hirn (bzw, den Bereich, der für die Mental Load zuständig ist) komplett auszuknipsen und macht, dass ich mich auf’s Hier und Jetzt konzentriere.
Ich habe die ganz schlichte App von Sudoku.com (hier für Android oder für Apple), aber schaut sonst einfach mal bei Google Play oder im App Store, es gibt unzählige Apps und verschiedenste Designs.
4. Ausmalen/Mandalas
Nach der Geburt meines zweiten Sohnes schenkte mir eine Freundin ein Mandala Buch zum Ausmalen. Sichtlich verwirrt legte ich es erstmal in den Schrank, ich wusste ehrlich gesagt gar nicht, wann ich denn bitte schön etwas ausmalen sollte. Und vor allem, warum.
Joar, ein paar Jahre und den wohl coolsten Ausmalblock später weiß ich, warum. Ausmalen ist sowas von meditativ und schafft es auf herrlich einfache Art und Weise, die wilden Gedanken in Schach zu halten und den Kopf in den Leerlauf zu bringen.
Und bitte schön, sind diese Exemplare* hier nicht der absolute Oberknaller?
(*Zum Bestellen einfach auf’s Bild klicken. Die Bilder verlinken zu den jeweiligen Produktseiten bei Amazon und gehören zum Amazon Partner Programm. Solltet ihr darüber etwas kaufen, bekomme ich eine kleine Provision. Auf den Preis, den ihr bezahlt, hat das keinerlei Einfluss.)
5. Sportsfreundin werden
Was mir beim Laufen oder Schwimmen manchmal nur mäßig gelingt, ist beim Yoga üben tatsächlich gar kein Problem: Adieu, Mental Load. Denn während ich mich auf meine Atmung konzentriere, auf die Abfolge der Übungen und deren korrektes Ausführen, ist mein Gehirn genau damit gut beschäftigt und für Denk-Spirenzchen ist schlichtweg kein Platz. Fies ist nur, dass es ein Dreikampf ist. Denn plötzlich hat die gegnerische Ecke Verstärkung bekommen: Schweinehund Judetlef möchte auch erst noch besiegt werden, bevor es so richtig losgehen kann. Scheint ein bisschen hinderlich, ist aber im Vergleich zur Mental Load und der totalen Überlastung definitiv das kleinere Übel.
Just do it.
Eigentlich ist es völlig egal, was ihr tut, die Hauptsache ist, ihr tut irgendwas. Wichtig ist, dass ihr euch dazu nicht zwingen müsst, sondern freiwillig gut darauf einlassen könnt. Im besten Fall sollte es also etwas sein, das euch richtig viel Spaß macht. Wenn es das eine nicht ist, wird es was anderes sein. Findet heraus, was euer Ding ist. Es geht dabei auch gar nicht darum, ein 1.000er Puzzle am Stück zu legen, bis zum Ermüdungsbruch zu rennen oder stundenlang die Spiele-App heißlaufen zu lassen. Ein paar Minuten hin und wieder reichen schon aus, um den Kopf ein bisschen zu entlasten und ihr werdet sehen, diese Mini-Auszeiten sind wunderbar – vor allem, wenn sie verlässlich sind.
Erzählt doch mal, was bringt euch denn zur Ruhe? Passt auf euch auf!
Liebst,
Du möchtest dir das bei Pinterest merken? Bitte sehr, hier kommt dein Pin:
Noch kein Kommentar, Füge deine Stimme unten hinzu!